JUNG & SCHÖN

So dolle, wilde Sachen

Alexa Hennig von Lange schreibt über nichts, aber das macht sie gut

Diese junge Dame ist Hip. Alexa Hennig von Lange heisst das neue Fräulein Wunder der Literaturkritik. "Die Zeit" findet besonders ihre Locken toll (öh, na ja, ist eh nicht meine Zeitung, ich weiss schon warum), "Die Wochenzeitung" aus Zürich vergleicht sie mit einem Spice Girl (in der Schweiz zu Pop Ikone erklärt, das will was heissen), die Lifestyle Postille "Max" liebt ihre "schnodderig-minimalistische Sprache" (ja klar, minimalistische Sprache passt zu "Max" wirklich ganz ausgezeichnet), und Harald Schmidt würde sie am liebsten einmal pro Woche zum Small Talk laden.
Schon so hochgelobt, und dabei gerade mal den zweiten Roman veröffentlicht - zum Donner, die Frau muss ja unglaublich talentiert sein!
Das neue Buch heisst Ich bin's. Ein blöder Titel, weil er nichts bedeutet. Absicht? Mag eine junge Schriftstellerin tatsächlich am liebsten über bedeutungslose Dinge schreiben, die vornehmlich junge Leute tun? Nun, Alexa Hennig von Lange schreibt halt über ihre Generation. Ist ja auch richtig, hab ich nichts gegen, ich will ja wissen, was in den Köpfen von jungen Menschen so vorgeht. So lange ist das bei einem selber ja auch noch nicht her. Wenn man jung, ist kann man so doll wilde Sachen machen. Alexa Hennig von Lange jedenfalls scheint bis jetzt in ihrem Leben noch nicht viel aufregendes erlebt zu haben. Denn sie hat leider nicht besonders viel zu erzählen. Gott, the youth of today ist ja wirklich langweilig. Sie sammelt Nike Airmax, schnupft Koks und beobachtet den Nachbarn bei Sexspielen in der Babywindel.
Die Geschichte von dem Fotografen Lars, seiner Freundin Mia, seinem Bruder dem Clubbesitzer, seiner Nachbarin, dem Nachbarn mit dem es die Nachbarin treibt, dem Angestellten des Bruders und einem halben Dutzend (oder waren es nur zwei?) anderer belangloser Protagonisten wirft nur die Frage auf: Ist das jetzt Marienhof oder "Gute Zeiten - Schlechte Zeiten" in Papierform?
Aber seien wir nicht zu hart: Alexa Hennigs Schreibe hat was. Und zwar ganz gehörig. Zwar keine Wortgewalt oder ausgeklügelte Satzkonstrukte, dafür ein herrlich schnodderiger Ton, mit feinen Nuancen und gutem Witz in den Nebensätzen.
Ausserdem weiss sie vortrefflich Situationen zu beschreiben, die einen gewissen Slaptick-Flair verbreiten, doch, die Frau ist streckenweise sehr witzig. Insgesamt ist Ich bin's aber ein schwacher Nachfolger ihres Debütromans Relax, der zwar auch schon maßlos überschätzt wurde, aber ohne Zweifel einige starke Momente hat.
Und noch mal die Hennig von Lange. Diesmal als eine von drei Autoren für den Tagebuchroman Mai 3D. Sie übernimmt den Protagonisten Kai, die anderen beiden Hauptpersonen wurden von Till Müller Klug und Daniel Haaksmann geschrieben. Für dieses Buch gilt gleiches wie oben: Ganz nett geschrieben, aber unglaublich belanglose Geschichte(n). Dann doch lieber Less Than Zero von Bret Easton Ellis. Ach ja: Was soll eigentlich das AC/DC Zitat For those about to rock, we salute you auf der ersten Seite des Buches, wenn danach auf hundertneunundneunzig Seiten nur die dröge Geschichte von drei Neuzeit-Slackern, die Pillen werfen und Platten auflegen, auf einen wartet? Rock ist das jedenfalls nicht, höchstens Schlock.
Mirko Puzic
Alexa Hennig von Lange: Ich bin's Zweitausendeins, Frankfurt 2000, 214 S., 25.- DM ISBN: 3462030426
Alexa Hennig von Lange / Müller-Klug / Haaksman: Mai 3D Econ Ullstein List, München 2001, 200 S., 28.- DM ISBN: 3548600654