STAR TREK

Grüner Vogel

Deutsche Medienwissenschaftler schießen auf die "Enterprise" - eine Fahrkarte nach der anderen

Selten hat ein Häuflein Aufrechter verlorener im uns bekannten Universum herumgestanden wie diese Geistes- und Medienwissenschaftler: Dr. Kai-Uwe Hellmann, Professor Dr. Knut Hickethier, Privatdozent Dr. Rainer Matzker und Professor Dr Herfried Münkler - soweit sie keine Erfindung sind, handelt es bei den Herren um theoriegestählte deutsche Akademiker, die sich wohl mal einen flotten Tag im Star Trek-Universum machen wollten und in dem Buch Unendliche Weiten über Utopie, kleinbürgerliche Projektionen und Kohärenz loslegen.
Nun haben wir grundsätzlich eine höhere Meinung von Trek-Fans als von Medienwissenschaftlern. Wie leicht uns aber dieses Vorurteil bestätigt wird, erstaunt dann doch. Denn den Herren, man muß es so sagen, sind sowohl Tuten als auch Blasen vollkommen fremd, und noch die plattesten Details zu Serie, Fandom und Machern sind vollkommen falsch (am schönsten: "Green bird of galaxy" sei der liebevolle Spitzname für Gene Roddenberry gewesen; ich lach' mich blau: Great bird... wär's gewesen).
Am Ende seines Besinnungsaufsatzes "USS Enterprise - Heimathafen DDR?" schreibt Dr. Karlheinz Steinmüller ganz neckisch: "Star Trek ist keine sozialistische Utopie: An Bord der Enterprise frönen Kirk und seine Crew notorisch einem urkapitalistsichen Laster: Sie pokern." - wie wunderbar witzig. Nur leider völlig falsch. Die notorischen Pokerspieler sind auf der Picard-Enterprise der "Next Generation" zu Hause, deren Captain nur einmal daran beteiligt war (in der letzten Folge), Kirk und seine Jungs haben an Bord der Enterprise nie gepokert, nicht ein einziges Mal in allen 79 Folgen. Dr. Steinmüller ist Wissenschaftler am Projekt für Zukunfstforschung; hoffentlich kann er das besser.
Eine ganz eigene Frage ist, womit eigentlich ein Lektor beim Fischer Taschenbuch Verlag sein Geld verdient. Oliver Thomas Domzalksi hat immerhin drei verschiedene Angaben im Buch zugelassen über die Anzahl der Star Trek-Serien: Mal sind es vier (Classic, TNG, DS9, Voyager), mal sind es fünf (inklusive der Zeichentrickserie), und auf dem Buchrücken sind es "vier Staffeln (sic!) und sieben Kinofilme", im Buch selbst sind es, korrekt, acht Filme. Wann immer hier eine sachliche Behauptung aufgestellt wird: die Hälfte davon ist falsch.
Bei derart schlampig erhobenen Basisdaten, reißt die Interpretation natürlich nicht mehr viel 'raus. Zumal das, was die Herren entdecken, das übliche krude Gemisch aus Vorurteilen, Besserwisserei und Schulterklopfen ist, welches deutschen Akademikern eigen ist, wenn sie sich den Regionen der Unterhaltung nähern: Science Fiction ist konservativ, das Star Trek-Universum keine richtige Utopie (wer behauptet sowas?), Trekkies neigen zum debilen, das Weltbild ist inkonsequent ... na ja, so Zeug halt, was jeder deutsche Dozent im Schlaf auszusprucken imstande ist, wenn man seinen Honorar-Schalter umlegt. Wie in Stein gemeißelt werden dann Sätze ausgeschieden, von Professor Dr. Knut Hickethier etwa, die so klingen: "Die Kohärenz des Star Trek-Universums entsteht durch die von den Zuschauern zu akzeptierende Rahmenbildung (>frames<), die durch die Narration selbst, durch die Prämissen des seriellen Erzählens und die Plots vorgegeben werden." - auf deutsch: Wenn ich in Hundekacke trete, fängt es an zu stinken, weil ich in Hundekacke getreten bin.
Hier stinkt's.
Alex Coutts
Kai-Uwe Hellmann und Arne Klein (Hg.): Unendliche Weiten. Star Trek zwischen Unterhaltung und Utopie Kultur & Medien, Fischer Tb Nr. 13579, Frankfurt 1997, 192 S., 19,90 DM ISBN: 3596135796