NEW HOLLYWOOD (3)
»DIE RACHE DER PICKLIGEN BRILLENTRÄGER«
Wie das Kino nach Steven Spielberg und George Lucas nicht mehr wiederzuerkennen war
Teil 1|Teil 2
»Die Filme, die die Produzenten machen müssen, um ihre Maschinerie am Laufen zu halten, sind nicht die Sorte Filme, die ich machen möchte. Und die Filme, die ich machen möchte, wollen sie nicht machen, weil sie nicht wissen, wie sie sie vermarkten sollen.« (Robert Altman, Regisseur)
"Keiner von uns war auf die Achtziger vorbereitet. Vom Kopf her waren wir noch immer in den Siebzigern, und plötzlich fanden wir uns in einem Business wieder, wo junge Agenten mit gefönten Frisuren das Sagen hatten." (Margot Kidder, Schauspielerin)
"Die Folgen von Star Wars waren so ähnlich wie die des Durchbruchs von McDonald's: Der Geschmack für gutes Essen ging einfach verloren." (William Friedkin, Regisseur)
Das Ende von »New Hollywood« hatte künstlerische und finanzielle Gründe, die, wie immer, eng miteinander verknüpft waren: die Autoren und Regisseure ergingen sich in selbstgefälligen Kunst-Filmen, die zu Flops wurden. Die Nachfolge-Generation drehte zwar nur Filme fürs Spielzeugland, das aber so erfolgreich, dass das neue Popcorn-Kino nie geahnte Gewinnzonen erreichte.
Jene Regisseure, die wirklich mal etwas mitzuteilen gehabt hatten, waren an ihren Egos gescheitert: Coppola wurde nach "Apocalypse Now" vier Jahre lang auf Lithium gesetzt, um seine manisch-depressiven Anfälle in den Griff zu kriegen, William Friedkin, Peter Bogdanovich, Hal Ashby, Robert Altman waren ebenso Opfer ihrer Hybris geworden wie Dennis Hopper oder Martin Scorsese, der im Drogenrausch verschwand. Übrig geblieben war nur der Mann, der das alles irgendwie in Gang gesetzt hatte: Warren Beatty war nach wie vor smart, erfolgreich und engagiert; Ende der 70er etablierte er sich mit Reds endgültig als ernsthafter Regisseur.
ALLES VERJUBELT
Eine der zentralen Figuren, Paul Schrader, Drehbuchautor von Taxi Driver, Waffenfreak und Paranoiker, verschaffte sich eine Beerdigung erster Klasse mit dem Erotik-Film Cat People. Während des Drehs verliebte er sich in seine Hauptdarstellerin Nastassja Kinski und wollte sie heiraten. Den Einwand der Kinski - "Paul, ich ficke immer mit meinen Regisseuren" - wollte er nicht akzeptieren und drohte zur Strafe, ein Close-Up von Kinskis Muschi in den Film zu schneiden, das er während der Liebes-Phase privat gedreht hatte. Das Studio flippte erwartungsgemäß aus, verbot Schrader die private Rache - und setzte Millionen Dollar mit Cat People in den Sand.
Auch an dem zweiten großen Desaster war die Kinski als Darstellerin beteiligt: Coppola hatte nach Apocalypse Now sein Geld in eine elektronische Spielerei namens "Zoetrope" gesteckt, ein Studiokomplex mit allen technischen Finessen, wo zukünftig junge Talente experimentieren könnten, Drehbuchautoren, Regisseure, Schauspieler wurden, wie im alten Studio-System, fest unter Vertrag genommen wurden - und dann drehte Coppola One From The Heart, den langweiligsten Liebesfilm aller Zeiten. Danach war er nicht nur sein Geld, sondern auch sein neues Studio los.
Robert Altman schoss sich ins Abseits mit dem unsäglichen Popey, Robert Towne versenkte seine Karriere mit Personal Best, Peter Bogdanovich war längst aus dem Rennen, Scorsese erlebte seinen größten Mißerfolg mit Raging Bull, und den Rest besorgte schließlich der Wahnsinn von Michael Cimino: Heaven's Gate war nicht nur der Todesstoß für United Artist sondern markierte den Endpunkt der jungen Wilden, die mit ihrem Erfolg nichts anzufangen wußten. Heaven's Gate kam in die Kinos, Ronald Reagan wurde Präsident. Die fröhlichen 70er waren vorbei. Jetzt begannen die restaurativen und geldgeilen 80er Jahre. Peter Biskind schreibt in seinem Buch dazu: "Geld war das zersetzende Element, das das Gewebe der Siebziger auflöste, so wie Säure, die man über ein Stück Fleisch gießt."
SMARTE JUNGS
Als George Lucas über Star Wars verhandelte, schüttelten die gewieften Studio-Bosse den Kopf, als er um die Rechte für das Merchandizing feilschte, was genau jener Kniff war, der ihn reich werden ließ. Als Regisseur war Lucas eine Niete, die Dreharbeiten zu Star Wars (aus Kostengründen wurde in England gedreht) waren für alle Beteiligten eine Qual. Lucas schwor danach, nie wieder Regie führen zu wollen. Und während die Geschmacks-Elite noch rätselte, was an diesem wirren Mythenmix dran sein sollte, strömten die Kids ins Kino nd waren begeistert.
Steven Spielberg war der zweite Teil der "Rache der pickligen Brillenträger", wie Peter Biskind Lucas und Spielberg nennt. Sie ebneten den Weg für das Großmannssucht-Kino: Arnold Schwarzenegger, Sylvester Stallone, Bruce Willis hießen die neuen Helden, und ihre Filme sahen sich zum Verwechseln ähnlich. In den Studios waren die Chef-Etagen ausgetauscht worden, geniale Produzenten wie Robert Evans waren out, vor allem das neue smarte Trio bei Paramount - Diller, Eisner und Simpson - bestimmte das Geschäft. Und die Kinolandschaft hatte sich darüber schwer verändert. George Lucas: "Von den anderthalb Miliarden Dollar, die Star Wars eingespielt hat, gingen 700 Millionen an die Kinobesitzer. Und was haben die mit diesem Geld gemacht? Sie haben Multiplexe gebaut."
Wie sagte schon Ende der 60er "Captain America" in Easy Rider, dem Film, mit dem alles begann: "Wir haben's vermasselt."
Victor Lachner
(und so fing es an)
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