Kurztipps Dezember 2005

GESCHICHTE

Auschwitz - eine 6-teilige BBC-Doku, die in gewohnter Qualität, ja hier besonders auffälliger britischer Unaufgeregtheit, die Geschichte der Hölle auf Erden erzählt. Historisierende Spielszenen, computeranimierte Lagerrekonstruktionen, Zeitzeugeninterviews, Literaturzitate - Laurence Rees, der englische Historienfernseh-Chef, tut alles um ein umfassendes Bild zu zeichnen. Das schließt die ursprünglichen Pläne von Auschwitz als Muster-Wehr-Dorf ebenso ein wie Nachkriegs-Geschichten. Oder von willfährigen englischen Polizisten auf den Kanalinseln, die gerne ihre Juden nach Auschwitz lieferten.

MUSIK

Einstürzende Neubauten - vor 25 Jahren hauten sich ein paar wohnungslose Art-Punks mit der Kettensäge erfolgreich auf den Daumen, später eroberten sie in Japan die Diskotheken, und heute gibt Blixa Bargeld den Rilke mit Streichern. Eine Doppel-DVD zeigt zum Jubiläum die aufschlussreiche Band-Doku Seele brennt samt Behind the Scenes (gedreht fürs ZDF) und den ebenso legendären wie mit Gründen bisher unveröffentlichten Schwarzweiß-Grusel-Film Nihil. In dem gibt Blixa eine Art guten Mabuse und ein paar Neubauten machen im Soundtrack Geräusch.

DEUTSCHLAND

Bluthochzeit - der Film sieht trotz der Kraft-Mimen Armin Rohde und Uwe Ochsenknecht erfreulich undeutsch aus. Das liegt am Stoff, einem flämischen Comic, in dem ein Hochzeitsessen in Krieg ausartet. Und auch am belgischen und schon mal oscarnominierten Regisseur Dominique Deruddere, der einen Hauch von Brecht mit einem ganzen Hieb von Hawks verbindet. Ein Land-Patriarch zerstreitet sich mit dem Dorfkrug-Koch, der eine zahlt die Rechnung nicht, der andere nimmt die Braut als Geisel ... bis am Ende der schwächliche Bräutigam dem rasenden Vater einen Kinnhaken gibt. Stars und Stil und Plot funktionieren, aber dann macht in jeder Szene irgendwer irgendwas falsch. Schade drum.

ASIEN

Three Extremes - drei mittelkurze schwer erschreckende Filme aus Hongkong, Japan und Korea. Der bekannteste ist Dumplings, dessen Langfassung jüngst in Programmkinos Furore machte (Bai Ling backt Teigtaschen aus Embryos). Dazu kommen Box (japanische Balletteuse entlarvt sich als Schwester-Mörderin) und Cut (ein Regisseur wird gezwungen ein Kind zu ermorden). Überaus garstig und überaus stylish.

Mahaut - verdrillt John Woo-Erfahrungen mit zu lang herumstehenden Einstellungen und Mythologie. Hier haut sich ein Träger eines Zauber-Tatoos als eine Art Lichtwächter mit der dunklen Seite in einem Großstadt-Gangsta-Rap-Ambiente. Bemerkenswert, dass sich das Label EMS die Mühe macht, eigene Thai-Deutsch-Fassungen mit Untertiteln und ohne englischen Umweg anzufertigen.

R-Point - behauptet, der erste südkoreanische Film über das Vietnam-Engagement der Nation zu sein. Es ist aber ein seltsam krepierter Horror-Trip in die Gewalt. Ein Trupp Versager wird vor dem Generalrückzug noch mal in den Dschungel geschickt, um dem Funkspruch einer verschollenen Einheit nachzugehen. Dort treffen die Soldaten aber auf Geister und man weiss nicht, sind es Vietcong, sind es Überlebende eines Massakers, sind es Tote, sind sie es gar selbst? Bis am Ende nur ein Funkspruch übrig bleibt. Mit schönem Making Of.

HORROR

Razorback - Russel "Highlander" Mulcahey hatte für sein Debüt kein Geld aber den festen Willen, ein Wildschwein aus der Hölle über Australien kommen zu lassen. Da ist viel Mad Max im Design, Zivilisationsekel im Hintergrund und Spielberg im Licht, aber auch allerlei Prusten über die Stoßzahn-Prothesen.

Tales from the Darkside - drei kleine Grusel-Stories, die in der verbindenden Rahmenhandlung ein kleiner Junge seiner Vorstadt-Hexe erzählt, um sie davon anzuhalten, ihn für die Dinner-Party zu braten. TV-Movie mit Christian Slater, Steve Buscemi und anderen.

Blob - Schrecken ohne Namen - Steve McQueens erste große Rolle und ein Meilenstein im Glibbermonster-Genre. Jetzt mit mehreren Audiokommentaren. Aus denen erfährt man etwa, dass der Regisseur eigentlich lieber Bibelfilme drehen wollte.

Düstere Legenden 3 - Mary Lambert hilft der an Zitateritis zugrunde gegangenen Reihe wieder halbwegs aus dem Grab. Teenager werden auf der Sonnenbank gekocht oder sonstwie nach Stadtlegendenmuster massakriert, diesmal, weil sich eine in den 50ern ermordete Schülerin rächt. Leider verstolpert die Regisseurin von Friedhof der Kuscheltiere das Ende.

Dead & Breakfast / Hotel Zombie - Schenkelabschlagende, blutsuppenlustige Zombie-Comedy. David Carradine gibt einen ominösen Hotelier, ein Hillbilly serviert die Story herrlich albern als Talking Blues, und der Audiokommentar der offensichtlich komplett durchgeknallten Macher warnt dringend: bastelt bitte keine Ersatz-Flinten aus Wasserrohren. Sehr komisch. Tolle Musik, verrückte Extras, unbedingt angucken.

The Last Sign - Tim Roth ist tot, aber Witwe Andie MacDowell fühlt sich von ihm verfolgt und bedrängt. Will der versoffene Prügler sie daran hindern, etwas mit dem neuen netten Nachbarn anzufangen? Spinnt sie? Was weiß die okkultistische Freundin? Ganz gemächlich wird es gruselig. Viele Extras, vor allem Interviews.

ACTION

Batman Begins - Chris Nolan (Memento) erfindet den Flattermann neu. Und diesmal ist der gute Millionär nur die Maske, der zerrissene Ritter aber das eigentliche Gesicht von Christian Bale (American Psycho). Es dauert eine ganze Stunde, bis der Held fertig ist. Jede Menge bekannter Namen tauchen dabei am Rande auf (Liam Neeson, Gary Oldman, Morgan Freeman, Michal Caine, Rutger Hauer, Katie Holmes) und alle bemühen sich, keine Comic-Story zu erzählen. Dann tobt die Action los und der moralische Ernst leidet ein bisschen. Nicht zuletzt unter zu nah und hektisch am Mann geschnittenen Kampfszenen, die aus Wucht Gewusel machen. Trotzdem: das beste Prequel der Welt. Die Extras sind 8 Mini-Features auf Disk 2.

7 Sekunden - Wesley Snipes ist so weit runter, dass er Krawumm in Rumänien drehen muss. Andererseits lässt Kameramann Simon Fellows so viele wilde Winkel durchgehen, dass man die Löcher im Plot fast nicht wahrnimmt. Diebe beklauen einander, Snipes kriegt ne Blonde, alles wird gut.

PROPAGANDA

Homeland Security - der Film zum Bush. Clever gebaut und Kritik vermeidend, schildert diese TV-Produktion den heroischen Kampf gegen die anbrandende Welle des Bösen vor, nach und während des 9/11. Man gründe eine neue Behörde - die "Homeland Security" - und schon liegt einem die Welt zu Füßen; in jeder Hinsicht. Scott Glenn und Tom Skerrit halten ihre Gesichter hin für dies Machwerk, das in seinen besten Momenten Nazi-Perfidie besitzt. Im letzten Bild umarmt ein arabischer Jünglich seine blonde Freundin und sagt: Ich werde dich nie mehr alleinlassen. Und während sie selig schmachtet, wissen wir: er hat einen Auftrag, einen bösen Auftrag, von einem dunkelhäutigen Bombenbauer namens Khan... so platt ist das alles.

SCIENCE FICTION

Per Anhalter durch die Galaxis - brave, letztlich witzlose Douglas Adams-Verfilmung. Als Extras: 2 Kommentare, ein "Making Of" und "Deleted Szenes".

KRIMI

Final Call - solider Thriller um eine entführte Kim Basinger, die einen wildfremden Kerl anruft und ihn bittet, sie zu retten. Schnell und spannend inszeniert, glänzt das Ding auch durch Nebenrollen: William H. Macey als solider, gradliniger Polizist ist eine Schau für sich. ("Der Mann kann gar nicht nach Klischee spielen", sagt sein Regisseur im "Makin of"). Als Extras gibt's eine nette Dokumentation (wie das Cell-Phone unser Leben veränderte), Audiokommentare (u.a. von Drehbuchautor Larry Cohen) und eine gute Doku über einen echten Polizei-Skandal in Los Angeles, der dem im Film sehr ähnlich sieht.