Kurztipps Juni 2006

GRUSEL

Half Light - Demi Moore als Bette Davis in einer Schauer-Romanze. Der erfolgreichen Schriftstellerin fällt der Sohn ins Wasser und ertrinkt. Sie hat eine Schreibblockade und fährt in ein einsames Cottage in Wales, verliebt sich in den Leuchtturmwärter auf der Insel gegenüber und kriegt immer wieder Besuch vom Geist ihres Sohnes. Es wird dann aber noch ein Erbschleicher-Krimi. Ruppige Landschaft, pfeifender Wind, gemächliches Schaudern ... Half Light (Zwielicht) ist angenehm anachronistisch. In den Extras gibts viele Interview-Schnipsel und Szenen vom Dreh.

November - Courteney Cox Arquette verliert ihren Freund, bei einem Ladenüberfall wird der als zufälliger Passant erschossen. Später tauchen Fotos auf, die jenen Laden zeigen, wo der Mord passierte, und die zeigen nicht das, woran Courteney sich erinnert. Ein bißchen wie in "Blow Up" geht es hier darum, was wirklich zu sehen ist auf den Bildern. Aber weil dieser kleine Schreckens-Film sehr modern (und sehr gut gestylt) ist, entsteht etwas anderes, keine Rätselstunde, sondern ein alptraumhafter Abstieg in die Nacht mit wenig überraschendem, dennoch erschüterndem Ende. Die DVD dieser kleinen, sehr beeindruckenden Videoproduktion enthält 2 Audiokommentar-Spuren, diverse Making Of-Features, eine Analyse des Designs und eine etwas andere Anfangssequenz.

HUMOR

Rüdiger Hoffmann - Das Beste vom Besten - seit 20 Jahren verliert der Paderborner Slow-Burner auf offener Bühne Hunde, setzt sich ganz langsam in Fettnäpfchen oder spielt Klavier und trägt komische Hüte. Rüdiger Hoffmann ist tatsächlich vielseitiger als man landläufig so denkt. Auf 2 DVDs gibts das neue Live-Programm (mit alten Nummern) und Bonus Tracks vom Dachboden. Rüdis erster Auftritt, Rüdis Werbespots, Rüdis Küche ...

Mad Cows - Zwei Frauen und ein Baby - stellenweise urkomisch, meistens albern verunglückt: eine alleinerziehende Mutter und ihr Baby im Dauerstress zwischen überkandidelter Freundin, arschigem Erzeuger, einem völlig vertrottelten Polizei-Inspektor und einem hinreissenden Babyknast. Sehr schräg, sehr englisch und sehr sträflich nur mit deutscher Tonspur.

HOFFNUNG

Das Lächeln der Tiefseefische - Tristesse auf Usedom. Da lebt der 17jährige Malte mit versoffenem Vater und zigarettenschmuggelndem Freund ohne Aussicht dahin. Den Führerschein machen und raus hier - weiter reichen die Träume nicht. Aber das Geld reicht nicht mal für die Prüfungsgebühr. Regisseur Till Edelmann legt ein Sommerurlaubs-Flair über die Tragödie. Malte hat einen schüchternen Flirt mit einen Mädchen, das für ein paar Wochen da ist, und am Ende lernt er, dass man sich sein Licht selber machen muss. Wie die Tiefseefische. Mit Making Of, Audiokommentar, Outtakes, Castingszenen, Interviews.

HORROR

The Fog - Nebel des Grauens - das Remake von John Carpenters gleichnamigem klassischem Gruselschocker. Ein paar jugendliche Serien-Stars (Tom "Smallville" Welling und Maggie "Lost" Grace) in einer Küstenkleinstadt geraten an geisterhafte Wiedergänger. Die wollen sich dafür rächen, dass vor hundert Jahren die Stadtgründer ihr Schiff ausraubten und versenkten. Regisseur Rupert Wainwright litt am knappen Budget (20 Mio. Dollar), der Film leidet am Frauenbild (ewige Liebe). Zum Kinostart des Remakes brachte Carpenter eine sehr gut ausgestattete Doppel-DVD des Originals heraus. Das Remake gibt es nun als Kino- und als Extended-Version, mit Audio-Kommentar, deleted scenes und ein paar Interviews. Unter anderem erklärt Carpenter, er habe das Remake geschrieben, weil die Jugend von heute 20 Jahre alte Filme sonst gar nicht mehr sähe.

HANDY

Ellen Calling - belgisch, düster, schicksalsschwer. Eine verhärmte Journalistin auf Droge soll für den Ober-Dealer dessen Tochter suchen. Sie tappst durch Belgien ganz unten. Derweil überkreuzen sich fünf Episoden, in denen Menschen ihren Lebenssinn verlieren. Einer Pianistin werden die Finger gebrochen, einem Parfumeur die Nase und so weiter. Die zu suchende Tochter wird später alles irgendwie richten. Sie ruft die Opfer auf dem Handy an: Willst du, dass alles ein Ende hat? Das wird dann süß. Seltsamer Kitsch mit großen Momenten. Extras: Making Of und Deleted Scenes.

The Call - beim Namen Takashi Miike graust es Kennern des japanischen Kinos seit Audition. Drei bis sieben Filme dreht er pro Jahr, diesem etwa schon 2003. The Call ist The Ring mit Handys. Schulmädchen rufen sich selber aus der Zukunft an und hören ihre Todesschreie. Sehr gruselig. Allerdings auch sehr routiniert zusammengehauen. Irgendwie steht ein Kindesmißbrauch hinter dem Geister-Wüten, und irgendwie war es dann doch anders. Teil 2 wurde gerade fertig, das US-Remake gilt als sicher. Die 1-Disc-Version hat Textinfos und eine B-Roll ohne Untertitel, die 2-Disc-Version Interviews und eine Premieren-Doku.

POLITICS

The Deal - in naher Zukunft führen die USA Krieg gegen "die Araber", das Öl wird knapp. Da soll ein Großdeal zwischen einem US-Konzern und einer russischen Ölfirma für Entspannung sorgen. Christian Slater, ewig bemüht, meistens überfordert, soll als Börsenmakler den Deal zwischen Russen und Amis über die Bühne bringen und entdeckt dabei ein paar kleine unethische Details. Das rührende an dieser Independent-Produktion ist die Annahme, dass sich heute noch jemand um diese ethischen Detail scheren würde. Weshalb der Film seine ganze Energie darauf verschwenden muss, uns einzureden "ich bin spannend, ich bin spannend!". Aber obwohl die ebenso mindertalentierte Selma Blair von den Russen gekidnappt wird, wünscht man nur, all dies möge bald ein Ende haben. Als Extra gibt's ein Making of, in dem alle versichern, wie viel Spaß das alles gemacht hat... wenigstens ihnen.

COMEDY

Dick und Jane - das sieht aus wie eine böse Anti-Bush-Komödie, und im Audiokommentar geben die Autoren und der Regisseur zu, dass sie präzise den Enron-Skandal und den US-Präsidenten mit diesem Film meinten. Jim Carrey und Téa Leoni als finanziell gesättigtes Mittelstandspärchen stehen plötzlich vor dem Nichts, weil Carreys Firmenchef die Bankkonten geplündert und die Pensionskasse verjuxjubelt hat. Nach vielen vergeblichen Versuchen, den Lebensstandard durch ehrliche Arbeit zu halten, verlegen sie sich auf Überfälle und produktives Kleinkriminellentum. Das ist flott, witzig und klug gemacht, die DVD enthält einen sehr witzigen Audiokommentar der Autoren und des Regiusseurs und verpatzte und entfallene Szenen.

ASIA

Hongkong Crime Scene - der englische Titel ist der deutsche, im Original heißt das "Divergence", gedreht von Benny Chan direkt nach New Police Story. Abgesehen vom ersten, überwältigenden Bild des Films ist das ein ziemlicher Ideen- und optischer Salat: ausgebrannter Cop sucht seit 10 Jahren seine Freundin, ein aktueller, verwickelter Fall scheint ihn auf die Spur zu bringen. Das Drehbuch ist mau, die Action mauer, der Schluß doof. Wer trotzdem was verstehen will, sollte die kantonesische Fassung mit Untertiteln sehen, die Untertitel erklären mehr als die lausige Synchronisation..

CRIME

Fahr zur Hölle, Liebling - für Seltsamkeiten-Sammler: Sylvester Stallone hat hier einen Auftritt, Robert Mitchums Karriere dagegen knickte danach deutlich ab. In der ´75 gedrehten dritten Adaption des Chandler-Romans überzeugte Mitchum als Marlowe aber durchweg. So sehr, dass er später ein Big Sleep-Remake machte.

PSYCHO

Magic - Die Puppe des Grauens - böse Puppen sind im Horror-Genre bekannte Ureinwohner. Das Booklet zu Magic erläutert ein paar Hintergründe, der Film selbst ist eine typische End-70er Produktion, in der eine Puppe die Schizophrenie der Hauptperson (Anthony Hopkins) auslebt. Das Buch schrieb der damals gerade Oscar-prämierte Autor William Goldman, die Musik schrieb Jerry Goldsmith, die Regie machte Richard Attenborough, der danach mit Ghandi unsterblich wurde. Bemerkenswert bleibt an der Wiederausgrabung des zu Unrecht vergessen Films, wie klein Attenborough arbeitete, und wie konsequent er scheinbar Übersinnliches als Seelen-Bild einsetzt.

AMATEURE

The Ghouls - Nachtreporter filmt eine Bande "Ghouls", die Leute roh verzehren. Ein bißchen Sozial- und Medienkritik können diesen Billig-Trash nicht retten. Der Regisseur Chad Ferrin, so wird kolportiert, hat sein Auto verkauft, um diesen Horror-Trash drehen zu können. Das wär wirklich nicht nötig gewesen. Obwohl die deutsche DVD-Version um 6 Minuten gekürzt wurde (und keine Jugendfreigabe erhielt), ist sie mit 75 Minuten immer noch eine Stunde zu lang.

Twisted Sisters - der neueste Streich von Wolfgang Büld. Der 1952 in Lüdenscheid geborene Regisseur hat sich Anfang der 8Ts mit Gib Gas ich will Spaß und Anfang der 9Ts mit Manta Manta in die Hall of Fame geschossen und schreibt "just for the money" heute noch Krimi-Drehbücher für deutsche TV-Serien. Sein Herz aber hängt an blutigen, dreckigen, unabhängigen Produktionen, bei denen der Kameramann bekennender Bondage-Freak ist und die Hauptdarstellerin gern nackig Kerls Sylvester-Raketen im Arsch anzündet. Bei Twisted Sisters gibt Bülds Dauer-Opfer Fiona Hersey auf Brian De Palma-Art eine böse Zwillingsschwester, die sich männermordend ins Leben ihres verhuschten Gegenparts schmuggelt. In den Extras freut sich ein Nebendarsteller, er arbeite nun seit Jahren mit Wolfgang und habe als einziger noch nie seine Hose aufgemacht. (keine Jugendfreigabe)