Kurztipps Juli 2006

ÖL-KRIEGE

Syriana - sieht aus wie einer dieser 70er Jahre Politthriller. Und in den DVD-Extras erzählt Hauptdarsteller und Produzent George Clooney, dass das auch beabsichtigt war. Sehr komplex und brutal werden die politischen Zusammenhänge ums Ölgeschäft dargestellt, und wir lernen: im Bedarfsfall übernimmt Amerika sogar selbst die Rolle des Terroristen. Die DVD enthält zwei erhellende Features und drei nicht verwendete Szenen.

Jarhead - den vielen "Deleted Scenes" der DVD kann man entnehmen, was für ein Film das mal werden sollte. Und dass Sam Mendes den ganzen Job ziemlich versemmelt hat. Vielleicht auch deshalb, weil man seinem Regie-Kommentar anhören kann, wie sehr er von den Welt der Marines beeindruckt war - was so ziemlich das Gegenteil von jener Intention ist, die den Autor und Marine Anthony Swafford antrieb, seine Erfahrungen mit Bush I. zu beschreiben. In seinen besten Momenten sieht Jarhead aus wie Full Metal Jacket mit Sand. Sehenswert: Chris Cooper, der hier (wie in Syriana) zeigt, dass er als großmäuliges Arschloch zur Zeit die beste Besetzung ist.

SPLATTER

2001 Manicas - ziemlich stumpfe Gore-Satire, coproduziert von Eli "Hostel" Roth, nach der Film-Vorlage von Herschell Gordon Lewis. Yankee-Kids kommen in ein Südstaatler-Kaff und werden zum Barbecue eingeladen. Was sie nicht ahnen: sie SIND das Barbecue. Die DVD enthält jede Menge alternativer Szenen und ein sehr ausführliches Making Of.

COMIC

Mirrormask - Neil Gaiman (Buch) und Dave McKean (Bilder) haben schon viele Comics zusammen gemacht. Dies ist ihr erster Film. Für karge 4 Millionen und mit Design-Studenten an den CGI-Computern entstand ein Wunderwerk. "This ist like Cocteaus Beauty and the Beast" sagte die amerikanische Produktionsfirma kunsterschüttert bei der Abnahme. "On acid. For kids." Gaiman erzählt das in den fulminanten Extras, die ihn und McKean überhaupt als sehr witzige Leute zeigen. Der Film ist dagegen meist düster. Ein Zirkus-Mädchen hat Pubertätsprobleme, die Mutter hat Krebs, der Vater hat scheinbar eine Geliebte ... dann verwandelt sich der Realfilm in eine Albtraumwelt. In gezeichneten Kulissen, bevölkert von verrückten Maskenträgern, sucht das Mädchen nach einer "Spiegelmaske", die einen tödlichen Konflikt zwischen zwei Königinnen beendet. Da ist viel Alice drin und etwas Unendliche Geschichte, Kafka trifft den Wizard of Oz, und ältere McKean-Comics werden lebendig.

HUMOR

Quatsch Comedy Club - Das Beste aus 10 Jahren - dass "Das Beste aus 10 Jahren" des Privat-TV-Humor-Formats nicht mal eine DVD voll macht, zeugt von reifer Einsicht. Dass den Rest der Scheibe ein "Making Of" der Jubiläums-TV-Gala füllt, zeugt von Selbstüberschätzung. So schwankt das Fanprodukt zur Kult-Show zwischen gestandenem Blödel-Handwerk (im Audiokommentar zu den Nummern) und bloßer Brustschwellerei. Immerhin erkennt Pläsiermeister Herrmans einen Gott, wenn er mal vorbei kommt: Josef Hader.

Was geschah mit Harold Smith? - hinreißend alberne Geschichte aus den 70ern in England, die man im O-Ton genießen sollte. Ein braver Disco-Teenager wird Anarcho-Punk, um ein Mädchen kennen zu lernen, hat aber Probleme mit den Sicherheitsnadeln. Sein Vater erwacht vom stillen Fernseh-Gucker zum Vorstadt Uri-Geller und haut den Sohn raus. "Brassed Of" für Angestellte mit knappen Infos in den Extras und einem kleinen Making Of.

CRIME

State of Mind - was passiert, zeigt der Film nicht. Was drum herum passiert, entfaltet er in vielen scheinbar nebensächlichen Szenen. Ein Teenager hat grundlos einen behinderten Jungen erstochen. Eltern, Geschwister, Bekannte, Behörden - alle sind fassungslos. Im Jugendknast versucht ein Lehrer (Don Cheadle) dem Täter seine Geschichte zu entlocken. Ist er hilfreich, oder nur ein gescheiterter Schiftsteller auf der Suche nach Stoff? Rund um die unerklärliche Tat enttarnen sich Dutzende von "bürgerlichen" Schicksalen als grundsätzlich zerrüttet. Kevin Spacey (Produzent des Films) schaut als Ober-Ekel kurz vorbei, und am Ende ist das Verbrechen gerächt und die Welt in Trümmern.

TWISTED

Stay! - ursprünglich sollte David Fincher diesen Film machen. Es wurde dann aber Marc "Monsters Ball" Foster, der nach seiner Peter Pan-Variante (Wenn Träume fliegen lernen) den düsteren Grundton des Plots zum seltsam versponnenen Märchen verdrehte. Ein Psychiater (Ewan McGregor) behandelt einen Künstler (Ryan Gosling), der sich unbedingt in drei Tagen um Mitternacht umbringen will. Erst verstören nur Achssprünge die Aufmerksamen, später kippt jede Realitäts-Vermutung ins Nebulöse, und am Ende löst die "Erklärung" nur wenig auf. Die Extras erläutern den Look des Films, die Musik und den Hintergrund des Plots. Der Audiokommentar beschränkt sich auf einzelne Szenen.

JUSTIZ

Gib's ihm, Chris - Anfang der 50er werden in England zwei Jungs angeklagt, einen Polizisten erschossen zu haben. Aus dem Justiz-Skandal machte Regisseur Peter Medak (Romeo is bleeding) ein Sittenbild des Nachkriegsengland: In den Bildern des Ungarn Medak ist England zwischen Lebensmittelmarken und vaterlosen Halbstarken ein Land, das den Krieg verloren hat. Am Ende wird der 1991 entstandene Fim leider eher sentimental und verliert seine analytische Schärfe. Die DVD enthält nicht einmal eine englische Tonspur (nur Deutsch mit deutschen Untertitel!), als Extras gibt's biografische Texttafeln und ein kurzer Text über den echten Fall, auf dem der Film beruht.

DSCHUNGEL

Tropix - Gaunerkomödie aus Costa Rica: 2 Frauen und 3 Männer versuchen sich wechselseitig aufs Kreuz zu legen (auch im Wortsinne). Die Independent-Produktion wurde komplett in Costa-Rica gedreht, hat ein hervorragendes und witziges Drehbuch (Livia Linden), was die Regie (Co-Regie: Livia Linden) leider vollkommen vermurkst hat. Trotzdem wirft sich da ein Haufen unbekannter aber guter Schauspieler sehr witzige Sätze an den Kopf. (Und, liebe Leute von "Epix", die ihr die Untertitel für die netten Extras auf der DVD gemacht habt: eine "soundstage" ist keinesfalls ein Tonstudio sondern eine Studiobühne mit der Möglichkeit, im O-Ton zu drehen; nix zu danken.)

HISTORIE

Drum - die Geschichte der südafrikanischen Apartheid in den 50ern und der ersten afrikanischen Illustrierten "Drum". Hier wurde alles versiebt, vom Drehbuch bis zur Inszenierung überragt der gute Wille die Fähigkeiten des Regisseurs bei weitem. Ein paar Extra-Features liefern Hintergründe zur wahren Geschichte.

FRAUEN

Domino - optisch wilde Geschichte der Kopfgeldjägerin Domino Harvey, gut verkörpert von Keira Knightley, ergänzt um einen wunderbaren Mickey Rourke als Marlboro-Mann an ihrer Seite. Regisseur Tony Scott hatte kein gutes Drehbuch, aber ein optisches Konzept (der Film sieht aus wie "Natural Born Killers" in der Kinderfassung) und viel Geld. Domino sieht daher erheblich besser aus als er ist. In den Extras wird das wilde schnelle Leben der echten Domino Harvey erzählt, die kurz nach den Dreharbeiten (die sie noch begleitet hatte) an einem Herzinfarkt starb, mit 35, in der heimischen Badewanne.