ZWISCHEN HIMMEL UND ERDE

Dung vom letzten Jahr

Ein unkritischer Feierfilm über "Anthroposophie heute"

Vordergründig will der fürs Schweizer TV produzierte Film der Frage nachgehen, was die Steiner-Jünger heute so treiben. Und wie man das so macht, wenn man kritisch wirken will, lädt der ausgewiesene Steiner-Freund und selbsternannte Dokumentarist Christian Labhart eben auch einen intellektuell etwas schwächelnden Steinerkritiker zum Statement ein, der vorsichtig seltsame Kritik üben darf.
Die stellt natürlich keine Herausforderung dar für die Masse der Apologeten, die den Film bevölkern, etwa für Bodo von Plato, Vorstandsmitglied im Goetheanum , dem Thinktank der Anthroposophen, der im Film den Rassismusvorwurf gegen Rudolf Steiner locker austänzelt mit dem Hinweis, man müsse Steiners Schriften halt "in ihrer Zeit" sehen - ein Spruch, mit dem etwa die Kirche gerne Kreuzzüge und Inquisition rechtfertigt und der schlicht nichts besagt.
Ansonsten sehen wir einen glücklichen biodynamischen Bauer, der einmal im Jahr die obligate Mischung aus Kuhhorn und Scheiße vom Vorjahr auf die Felder streut (warum Steiner einst diese Segnungs-Anweisung gab, bleibt so im Dunkeln wie das restliche esoterische Geraune im Film), wir sehen eine kregele Lehrerin auf Betriebsausflug mit ihrer Klasse, einen schwulen Eurythmielehrer mit Beethoven-Tick in Ägypten, eine demokratische Basisarbeiterin in Deutschland und einen "Journalisten", von dem wir erst im ausführlichen DVD-Booklet zur DVD lesen, dass er regelmäßig ein Anthroposophen-Magazin herausgibt.
Bei all der ärgerlichen, stumpfen Propaganda für die Steiner-Jünger bleibt der Film wirr organisiert, erklärt recht wenig von Steiners Weltbildmischung aus Karma, Kuhdung und Gymnastik und liefert vor allem schöne Bilder, die auch die Sehnsucht des Filmemachers ausdrücken, dazugehören zu wollen.

Thomas Friedrich

CH 2009 R: Christian Labhart Extras: Weitere Interviews