BLINDSIGHT

Über'n Berg

Blinde Kinder erklettern einen 7000er

Lucy Walkers Dokumentarfilm über eines der ungewöhnlichsten Extremsport-Projekte beginnt in tiefem Schwarz. Aufgeregte Stimmen erklären uns, dass wir auf einer schmalen Leiter über einer tiefen Schlucht stehen. Jeder Schritt kann unser letzter sein. Ein Untertitel erklärt, dass wir Erik Weihenmayer begleiten, der als erster Blinder den Mount Everest bestieg. Dann kommt endlich das Bild der Schlucht, ein Eisblock stürzt hinein und jeden Sehenden erfasst ein Schwindel.
Der richtige Film beginnt danach. Sabriye Tenberken, eine deutsche blinde Lehrerin, hat den weltberühmten Bergsteiger Erik Weihenmayer überredet, mit den Kindern ihrer Blindenschule in Tibet einen riskanten Aufstieg zu versuchen. Es geht auf einen Gipfel gleich neben dem Everest. Dabei geht es weniger darum, ganz westlich zu beweisen, dass jeder ein Held sein kann. Das Ziel ist eher, den blinden Kindern überhaupt etwas Anerkennung zu verschaffen, weil in Tibet Blindheit als gerechte Strafe für Fehler im vorherigen Leben gilt.
Blindsight wird bald zum gruppendynamischen Experiment. Die gelernten Bergsteiger, blinde und sehende, drängen auch bei Problemen zum Weitergehen, Sabriye Tenberken will lieber das Erreichte feiern. Der Gipfel ist nicht wichtig, sagt sie. Der Spaß ist das Ziel. Die Zusammenarbeit in der Gruppe. Blindsight vermittelt diese Haltung. Deshalb ist es auch ein Erfolg, wenn die Kletterpartie den Gipfel nicht erreicht.

-w-

USA/GB 2006. R: Lucy Walker, D: Sabriye Tenberken, Erik Weihenmayer, Sonam Bhumtso, Dachung. Extras: Hörfilm-Fassung, Interviews, akustische Menüs