Die Einsamkeit der Primzahlen

Seelen-Geschwister

Ein Schauermärchen über Eigenbrötler

Es beginnt mit starken Farben, mit einem Traumspiel bei einer Schulaufführung. Kindliche Fabelwesen tapsen in einem bunten Wald herum, bis ein Mädchen schreit und schreit und sein Bruder es tapfer in den Arm nimmt und die Aufführung abbricht. Später wird er sie verlieren und einen Knacks kriegen. Das Mädchen zum Jungen ist ein Star auf Kinder-Skiern, verkrüppelt bei einer väterlich angeordneten Abfahrt, und wird auf eigene Weise seltsam. Was wir uns alles aber erst spät zusammenreimen, weil der Film uns viele Episoden aus vier Lebensabschnitten und etwa 20 Jahren der beiden so zeigt, dass die erklärenden Ereignisse immerzu wegbleiben. Irgendwie kommen sie trotzdem zueinander, und auch die Titel-Metapher wird in eine Szene ausgedeutet: Primzahlen sind von Natur aus einsam, nur durch sich selbst und 1 teilbar. Aber es gibt Primzahlzwillinge, wie etwa 11 und 13, solipsistisch an sich, aber sehr nah beieinander. Ganz wie die einsam leidenden Zwei, die Saverio Costanzo geradezu mathematisch präzise aneinander vorbei montiert. Das strenge Gerüst verhindert dabei jeden Kitschverdacht einzelner Bilder und allzu deutlicher Motive, während umgekehrt der fast magische Realismus der einzelnen Episoden nie nach Glaubwürdigkeit fragen lässt. Kriegen sie sich? "Yes Sir, I can boogie" discot es sarkastisch über den Nachspann.

-w-

I/D/F 2010. DVD. R: Saverio Costanzo B: Saverio Costanzo, Paolo Giordano K: Fabio Cianchetti D: Alba Rohrwacher, Luca Marinelli, Vittorio Lomartire, Arianna Nastro, Isabella Rossellini. E: Deleted Scenes. Making Of