BATTLESTAR GALACTICA (1)

Blech-Fundis

Ein Serien-Remake der verstörenden Art

Als noch Lorne Greene mit Adam, Hoss und Little Joe durchs All schipperte... ups, falsche Serie. Tatsächlich war Commander Adama, ursprünglich verkörpert von Lorne Greene, der Übervater schlechthin, der universal gültige Ben Cartwright. Die Suche der Menschheit nach der alten Erde, unter Führung von Adama (was für ein Name!) und dessen "Kampfstern" war trashiger TV-Krawall, der sich so stark an Star Wars anlehnte, dass die Macher bald eine Plagiatsklage von George Lucas am Hals hatten.
Dem Remake durfte man skeptisch gegenüberstehen. Aber die Crew um den Ex-Star Trek Autor und Produzenten Ronald D. Moore hatte für die Miniserie 2003 so viele gute Ideen, dass ein Jahr später eine richtige Serie daraus wurde. Die enthält viel Thematik des Vorbildes und ist doch ganz anders. Man versucht nach wie vor, den bösen Zylonen zu entkommen, aber die sehen zum Teil menschlich (und in ihrer weiblichen Variante ziemlich umwerfend) aus, handeln menschlich und sind - seltsame Zeiten - religiös. Während die Menschheit der Vielgötterei frönt, sind die von ihnen geschaffenen Roboter streng monotheistisch. Ihren Vernichtungsfeldzug gegen die Menschheit sehen sie als Vollendung eines göttlichen Plans. Die Menschheit kämpft gegen religiöse Blech-Fundamentalisten.
Das ist nett ausgedacht, trotzdem enthält jede Folge entschieden zu wenig Story, um 50 Minuten zu füllen. Der Clou an der neuen Galactica ist mehr der Stil, angefangen von der aufdringlichen Sexualität über die Optik bis hin zum Kammerton. Es ist alles unglaublich leise: es wird nicht geschrien, eher geflüstert. Die Kamera wackelt ununterbrochen, der visuelle Stil entspricht mehr der Krawall-Serie 24 als dem einer SF-Serie (wobei Serenity bereits ähnliche Wege gegangen war, nur nicht so drastisch). Galactica ist US-Fundamentalismus im Gewand des Kammerspiels. Wo im realen Leben die US-Außenministerin Klavier spielt, bevor sie das nächste Massaker anordnet, herrscht auch auf der Galactica ein ziviler, freundlicher Altherren-Tonfall. Nur Hysteriker und Bösewichter schreien. Nicht mal die Hintergrundmusik ist martialisch sondern seltsam orientalisch-balladesk.
Die Dramaturgie folgt dem Mystik-Trend der letzten Jahre: Seit Akte X gilt es als unfein, Fragen zu beantworten. So werden in Galactica mehr Fragen gestellt als in Lost und offen gelassen. Die neuen Helden sind nicht neugierig, das Universum "geschieht" einfach. Wenn man etwas nicht versteht, schießt man erstmal. Fragen kann man später. Als die Galactica-Crew erstmals unbemerkt auf ein Kampfschiff der mysteriösen Zylonen gelangt, wird das Objekt nicht untersucht, sondern in die Luft gejagt. Klugscheißer und Besserwisser, die schon alles wissen, können ihre Feinde und das ganze Universum unbekümmert in die Luft sprengen. Das haben die Menschheit und ihre Gegner in Battlestar Galactica gemein (und da sehen sich ja auch George W. Bush und Osama Bin Laden wie gegenseitig aus dem Gesicht geschnitten ähnlich.) Mit dem viel belächelten aufklärerischen Impetus von Star Trek hat das nichts mehr zu tun.
Auf DVD ist jetzt die erste Staffel auf Deutsch erschienen, ohne den dramatischen Anfang (der gehört zur Miniserie und ist schon vor zwei Jahren auf einer eigene DVD erschienen) und, außer ein paar "deleted scenes", ohne alle Extras. Wer Fragen an Battlestar Galactica hat, muss sie eben woanders stellen.

Alex Coutts

Battlestar Galactica Season One. 4 DVD, Extras: Deleted Scenes