PETER GREENAWAY

Stehende Bilder

Frühe Filme des inzwischen alten Meisters der Neo-Ikonographie

Peter Greenaway hat das Filmemachen nie gelernt, das räumt er freimütig ein im schönen langen Kommentar zur British Film Institute-Edition Peter Greenanway: Frühe Filme. Auf 2 DVDs gibt es ganz kurze (ab 4 Min.) und extrem lange (bis 187 Min.) Beispiele für seinen sehr eigentümlichen, vom amerikanischen Mainstream ebenso weit wie von der "normalen" Film-Avantgarde entfernten Ansatz.
Greenaway wollte damals Maler werden, verdiente sich nur etwas Geld als Hilfskraft in der Dokumentarfilmstelle. 5000 Jahre Malerei waren ihm wichtiger als knapp 100 Jahre Film. Das neue Medium nahm er nur, um "Text" und "Zeit" in die Bilder zu bringen.
So erzählt er etwa ein gigantisches, selbst erfundenes heroisches Fantasy-Epos - im Off-Text, nur mit gluckernden Flüssen bebildert (Water Wrackets). Oder er liest einen skurrilen Text über tödliche Fenster-Stürze zu Bildern von leeren Landschaften vor Landhaus-Fenstern - und erst der Kommentar erklärt, dass es ihm um die Leute ging, die damals reihenweise bei Verhören der südäfrikanischen Polizei angeblich aus dem Fenster fielen (Windows).
Oder er dreht vier mal den selben Film, immer mit einer anderen, zu den Bildern erläuterten, Film-Theorie (Vertical Features Remake) - woraus wir wohl lernen sollen, dass die Theorie gegen die Bilder verliert.
Oft stehen Greenaways Bilder unfilmisch still, manchmal sehen sie wie abgefilmte Gemälde aus, immer ist irgendwo ein Witz dabei, und fast überall gibt es Reihungen, Aufzählungen, Kataloge von Dingen und Gedanken. Eine "Geschichte" ist dahinter bestenfalls nur zu ahnen. Und meistens machte schon damals Michael Nyman die Musik dazu.
Den längsten seiner frühen Filme, der 92 fiktive Personen vorstellt, die irgendwas mit einem unklaren apokalyptischen Ereignis zu tun haben (The Falls), hat Greenaway 2003 als "The Tulser Suitcases" neu verfilmt. Nach dem Ende seiner "narrativen" Kino-Phase, die in den 80ern mit Der Kontrakt des Zeichners und Ein Z und zwei Nullen begann. Die erschienen ebenfalls gerade auf DVD.
Das neueste Greenaway-Werk findet sich auf Europäische Visionen. 25 Regisseure aus 25 Ländern liefern in dieser arte-Edition Kurzfilme zum Thema Europa ab.
Bei Greenanway sieht das so aus: Ein Haufen nackter Menschen mit aufgemalten National-Flaggen drängelt sich unter einer grossen Dusche. Dann kommt ein weiterer Haufen (mit den Flaggen der Beitrittsländer), aber das Wasser versiegt.

wing

alle genannten Titel sind bei absolut-medien erschienen