LOURDES

Wunderlich

Jessica Hausner geht auf Wallfahrt

Christine sitzt mit schwerer Multipler Sklerose im Rollstuhl. Sie kann nicht mal eine Hand bewegen, geht aber gerne auf betreute Reisen gegen die Langeweile. "Rom war schön", sagt sie, "so viel Kultur". In Lourdes gibt es wenig Kultur, nur viel Wunderglauben und ein touristisch organisiertes Geschiebe vom Speisesaal zur Mariengrotte, vom Massengottesdienst zum bunten Abend mit Pfarrer an der Bar.
Jessica Hausner hat genau die seltsam kalte katholische Atmosphäre getroffen, in der alle ergeben beten, aber auch darauf achten, möglichst nahe am Altar zu stehen. Wo viel Elend versammelt ist, aber auch erschreckende Kantinen-Routine. Der ziemlich dokumentarisch fotografierte Film ist keine Satire auf den Pilgerwahn geworden, auch wenn Christine am Ende tatsächlich einen Preis als beste Wallfahrerin kriegt. Sie kann nämlich plötzlich laufen. Ob's aber ein Wunder war? Der Film hält sich da ebenso zurück wie die Ärztekommission in Lourdes, die von 7000 "Heilungen" bisher nur 66 als "Wunder" anerkannte. Christines Pilgergruppe denkt eher, statt der skeptischen jungen Frau hätte ein richtiger Gläubiger das Glück verdient.

-w-

AUS/D 2009 R&B: Jessica Hausner K: Martin Gschlacht D: Sylvie Testud, Léa Seydoux, Gilette Barbier, Gerhard Liebmann.