MARQUIS

Der mit dem Schwanz redet

Einer der schrägsten Filme ist endlich wieder zu sehen

Zusammen mit dem Roland Topor schuf Henri Xhonneux im Jahre 1989 einen der seltsamsten Filme der Kinogeschichte: Für Marquis wurden Menschen in lebensgroße Puppenkostüme gesteckt, mussten sich Tiermasken überstülpen und knapp 80 Minuten lang eine bitter satirische Komödie bevölkern, die am Vorabend der französischen Revolution spielt. Der Marquis de Sade sitzt in der Bastille und vertreibt sich die Zeit mit Literatur und Unterhaltungen mit seinem Schwanz. Um in herum herrschen Intrigen, Wollust und Verrat; die der göttliche Marquis allerdings gelassen erträgt und nur hin wieder ein paar auserlesene Sauereien inszeniert, etwa in dem er einen hypergeilen Gefängniswärter mit einem Hummer vögelt. Der Film selbst ist eher ermüdend, absolut harmlos und auf bizarre Weise kunstwillig: Steckten die Schauspieler nicht in den phantastischen Kostümen, trügen sie keine Tiermasken, würde man sofort sehen, was für ein dünnes Süppchen da gekocht wird.
Das kleine Label Bildstoerung hat nicht nur den Film wieder aufgelegt sondern viel Material zu den Dreharbeiten gefunden, die offensichtlich damals umfassend dokumentiert wurden. So gibt es jetzt eine Filmfassung zu sehen, in der parallel die Entstehung der jeweiligen Szenen zu sehen ist. Das ist weniger erleuchtend als witzig (die armen Schauspieler ersticken fast in ihren Kostümen). Dieser amüsant-groteske Film trägt jederzeit eine Menge Aufwand und Pathos vor sich her - und will doch eigentlich nichts; bestenfalls albern sein.

-vl-

Marquis. B 1989. R: Henry Xhonneux. B: Roland Topor, Henry Xhonneux. Bühne: Roland Topor. K: Etienne Faudet. 0 Min. Extras: Making of, Interviews, Deleted Scenes