STRASSEN IN FLAMMEN

Träume von gestern

Walter Hills Rock'n'Roll-Fantasie

Damals hieß das noch nicht so, aber Nur 48 Stunden war ein Blockbuster und machte Hauptdarsteller Eddie Murphy über Nacht zum Star und Regisseur Walter Hill zum Goldjungen. Hill gehörte nie richtig zum "New Hollywood", dafür stand er viel zu viel auf Gewalt und Mythen, aber er hat das Action-Kino in den 80ern auf die Füße gestellt wie kaum ein anderer. Er war an der Entwicklung von Alien beteiligt, er drehte mit Red Heat den ersten Action-Film in Moskau, modernisierte später mit den Tales of the Crypt ein eigentlich ziemlich vermodertes Genre - und drehte eben Streets of Fire, "a Rock'n'Roll Fable", wie es in den Credits heißt. Hier war alles künstlich: das Setting war eine Studio-Kulisse wie aus "West Side Story", nur schmutziger. Die Story: Rock-Lady wird von fiesem Rocker entführt, wieder rausgehauen von ihrem Ex, wofür sich Rocker und Ex am Ende auf der Straße die Köpfe zerdeppern. Der Ex, obwohl immer noch schwer verliebt, verzieht sich wieder, sie wird weiter Karriere machen an der Seite ihres glubschäugigen, großmäuligen Managers (nebenbei: derlei ging damals nur "ab 18" durch die Jugendkontrolle).
Der Hauptdarsteller Michael Paré war ein lächerlicher Totalausfall, eine Null & Niete, die danach nur noch in üblen C-Movies zu sehen war. Aber die Nebenrollen war stark besetzt: Diane Lane als schnuckelige Rock-Sängerin, Rick Moranis als fieser Manager, Willem Dafoe als böser Rocker und Amy Madigan als tougher Sidekick; so hart und cool hatte sich bis dahin keine Frau ihren Tequilla an der Theke erkämpft.
Dass die Story dusselig war, wusste auch Hill. Hier ging es um Typen, Kino-Mythen, um tiefe Gefühle. Jeder Blick, jeder Schnitt bediente das pure Sentiment und gab dem Film Tempo, Wucht, Klasse, ohne dass etwas dahinter gewesen wäre. Kongenial fotografiert hatte das der große Andrew Laszlo, als Produzent war damals schon Joel Silver dabei, den Soundtrack besorgte der alte Hill-Spezi Ry Cooder. Streets of Fire sah aus wie ein Bonbon und ging auch so runter. Der Film ist kein Meisterwerk, aber ein Leuchtfeuer. So artifiziell und ehrlich hat sich kaum noch jemand an den puren Kitsch herangewagt.

Victor Lachner

Streets of Fire / Straßen in Flammen ist in der "ab 18"-Fassung im Moment für ca. 9,- als DVD in jeder besseren Ramsch-Ecke zu haben.