Ambulance

Hilflose Personen

Am Ende, fast am Ende, wenn ziemlich zufällig das böse Komplott aufgedeckt ist, das hier noch weiter im Hintergrund versteckt ist als in den üblichen Medizin-Thrillern (Coma, Fleisch etc.), meldet ein mit seiner Nebenrolle völlig überforderter Side-Gag-Bulle eine Menge hilfloser Personen, die es zu versorgen gelte. Er hätte mal lieber schon am Anfang die Film-Ambulanz gerufen. Denn Larry Cohens 17. Film (eine Schande, daß dieser konstante B-Filmer im deutschen Kino bisher kaum zu sehen war) benimmt sich fast über die ganze Strecke wie das Paar in der Exposition: ein hyperagiler Comic-Zeichner verguckt sich in eine fremde Frau auf der Straße, spricht sie linkisch an, die fällt in Ohnmacht, und nun hat er sie zwar im Arm, muß sie aber gleich wieder an den Notarzt abgeben.

Nur ist der falsch, wie sich aber erst später herausstellt. Und die Frau ist weg. Weitere Einsätze desselben seltsamen Ambulanz-Wagens (ein gekonnt gespenstisch illuminierter Cadillac aus den frühen 60ern) führen zu weiteren verschwindenen Personen, aber leider erfahren wir schon im ersten Zwischenschnitt, daß ein verrückter Mediziner dahintersteht, der sich seine Versuchspersonen besorgt wie weiland Boris Karloff als Body Snatcher. Nur interessiert sich die Regie kaum für das Rätsel im Hintergrund, sondern läßt den einsamen Helden (Eric Roberts, zappelig) lieber überdreht durch Polizeireviere agieren, mit knapper Not und unter wechselnder Ein- oder Entführung von Sidekicks diverse Anschläge überstehen, löst manche Situation fast so auf als sähen wir Cary Grant beim Bronx-Besuch zu, und exerziert mit Genuß das Vom-Regen-in-die-Traufe-Schema der dauernden Flucht der verfolgten Unschuld, die dann doch noch zum Ziel und zur Entlarvung des Verbrechers führt.

Das ist im Hinblick auf die Medizin-Thriller-Ehren, die die Werbung für diesen Film einfordert, hilflos bis ungenügend, weil der moralische Grund-Konflikt der Story nicht sauber ausgearbeitet ist, weil die Spannungskurve des Plots immer wieder Schwächeanfälle hat, weil wenn ein Handlungsfaden nicht weiter kommt, eben einfach die Ambulanz auftaucht und alles wird anders.

Aber Ambulance ist genausowenig ein Medizin-Thriller wie Brennpunkt L.A. oder Tango & Cash Polizisten-Filme waren. Larry Cohen wollte uns nur ein bißchen Angst, aber ganz viel Spaß machen; das ist ihm weitgehend gelungen. Red Button als alterndes Reporter-Wiesel und James Earl Jones als gemütskranker Kommissar legen höchst unterhaltsame supporting acts hin, und daß das Herz des Bösen ganz lakonisch genau da sitzt, wo es Claude Chabrol in seinem manirierten Dr. M mit Metaphernschwere erst hinsymbolisieren mußte, zeigt einmal mehr, was der B-Film leisten kann und was sich kein A-Film leisten sollte.

Im übrigen werden wir das Gefühl nicht los, daß die Story der deutschen Fassung erheblich unter einer hilflosen Synchronisation leidet; nur die Story, nicht die Unterhaltung.

-w-