Liebling, hältst du mal die Axt

Jux primae noctis

Wenn ein Mann einem anderen zwischen die Beine tritt, dann ist das gar nicht mehr komisch. Wenn eine Frau einem Mann abwehrend zwischen die Beine tritt ... dann könnte es fast ernst werden. Wenn die Frau auch noch Mordabsichten hegt, eine Axt schwingt und den Mann des nachts auf dem Dach dessen Flitterwochenhotels zwischen die Beine tritt, dann muß das doch Spaß machen. Und wenn der Mann, nachdem er ganz langsam das Gesicht schmerzverzerrt und den Blick in die Kamera gerichtet hat, zurücktritt, also der Frau zwischen die Beine, und dann seine Grimasse ganz langsam in ein erleichtertes Grinsen verwandelt, immer weiter in die Kamera blickend - puh - dann ist das etwa die Hälfte des zugleich kompliziertesten, geschmacklosesten und handlungsdienlichsten Witzes in Mike Myers erster Solo-Arbeit (Buch und Doppel-Rolle).

Nach dem nur unwesentlich überschätzen Wayne's World und vor dem gerüchteweise auch nicht wesentlich langweiligeren Wayne's World 2 spielt der gebürtige Kanadier den Amerikanern im Geiste (man muß viel USA-Trivia im Kopf haben) einen spinnerten Schotten-Sohn vor. Samt dessen Vater. Und in Form einer dünnen Story (Junge trifft Mädchen, Mädchen ist möglicherweise Mörderin) mit allerlei Clip- oder Beiseite-Scherz-Einlagen. Die technisch gelungenste kommt gleich dreimal in Varianten vor: Mike macht traurige Jazz-Poetry in einer Kneipe an der Kerouac-Road. Richtig gut, nur sieht hier ja keiner die Anführungs-Zeichen. Wer aber Luc Perrys Kino-Jeans-Werbung letztes Jahr auch schon nicht verstanden hat, ahnt immerhin, auf welchem tiefen Grunde sich hier Myers lustig macht. Als spielten Hallervordens Enkel auf Hannes Waders Schoß Oberkrainer-Musi. Etwa.

Etwas einfacher zu verstehen sind die Witze mit den Nebenfiguren. Etwa der vermeintlichen multigamen Axtissin (Nancy Travis, die eigentlich Julia Roberts' Pretty Woman-Rolle haben sollte), die "Only You" in sechs Sprachen singen kann - oder dem Bullenfreund des Helden, der seinem lieben Chef übel nimmt, daß der nicht so spannend rumbrüllt wie die Chiefs im Fernsehen - oder dem Vater des Helden (Myers selbst), der, Ethno-In-Joke für Mid-Town-Weiße, im Vollrausch gerne "Do ya think I'm sexy" singt, zum Dudelsack.

Überhaupt spielt die Musik eine wichtige Rolle, meist Pop-Zeugs der nahen Vergangenheit, oft leitthematisch den einzelnen Charakteren zugeordnet und fast immer an dem Problem krankend, daß wir die Titel zu gut erkennen, um zu erkennen, daß gar nicht sie gemeint sind, sondern die unterschiedlichen und sämtlich heute unangemessenen Lebensgefühle, für die sie einmal standen. Weshalb auch alle formalen Mittel der Comedy, die Clips, die Close Ups, die Cliffhanger, die Tritte zwischen die Beine beider Geschlechter aus ganz verschiedenen Epochen stammen und ganz verschieden und mehr einem Willen als einem Stil gehorchend miteinander Umgang haben. Notfalls auch mal mit der Axt. Bis zum halbwegs unerwarteten happy End im Jazz-Club.

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