BURNING LIFE

Jede Menge Kohle

Daß dies ein deutscher Film ist, sieht man spätestens im dritten Bild. Bis dahin nämlich hat man schon einen schweren Patzer in der Raumorientierung und mehrfach wechselnde Jahreszeiten über sich ergehen lassen müssen. Aber auch ein paar schöne Ideen. Sowas passiert eben, wenn zwei junge DEFA-Leute (Peter Welz: Regie / Stefan Koldiz: Buch) ihren zweiten Kino-Film machen. Das Geld ist inzwischen da, die Einfälle sind noch da - aber so sinnreich es ist, eine ostdeutsche Vereinigungs-Gangsterinnen-Komödie im Spätherbst zu drehen, so störend wirken doch sinnlos herumspringende Schneewehen und Tauwetter-Phasen. Bloß weil man die Geschichte nicht parallel zur Echtzeit drehen konnte.

Später verwandelt sich aus einem ähnlichen Überschuß an Einfallsreichlichkeit vor Routine (vermutlich im Schneideraum) eine Spielzeugpistole in eine echte - aber da kommt es schon nicht mehr darauf an. Denn bis dahin haben Anna Thalbach (gut) und Maria Schrader (besser) die Story in die Hände genommen.

Die beiden jungen Frauen sind vom Wege abgekommen, treffen sich zufällig (bei dem Banküberfall, mit dem die eine sich an dem System rächt, das ihren Vater in den Selbstmord getrieben hat, weil der dem ein ganzes Dorf als Golfplatz verkaufte und sich dann wunderte, als die Bulldozer kamen - so kompliziert sind deutsche Motive aber nicht nur im Film), spielen Bonnie & Clyde, Thelma & Louise, Robin & Hood - und wir haben eine hübsch freche Roadster-Komödie mit Ossi-Appeal (die Geiseln müssen die Nationalhymne singen, "welche?" fragt eine) und Underdog-Charme ("Die Bank gibt dir keinen Kredit? Hier nimm was aus unserer Beute."). Und fahren mit einem brüllend romantischen russischen Tschaika von Osteroda Richtung Rügen. Soweit so movie.

Aber dann stehen da noch Mann, Liebe und Geheimnis im Weg, in Form von Max Tidorf als reisendem Fakir mit Medicine Show (er verfolgt sie, er hilft ihnen, er verliebt sich, er verrät sie - aber warum ist er eigentlich da?) und die Staatstragik mit Dany Levi als BKA-Mann und Jagd-Einsatz-Leiter (Bielefelder können als netten Nebenbullen übrigens Andreas Hoppe wiedersehen, der Ende der 80er an den hiesigen Bühnen debütierte). Sehr witzig. Irgendwie kippt die Groteske dabei in ein Drama um, ein paar Tote liegen plötzlich herum, die Sympathie der Bevölkerung kehrt sich gegen die Frauen, unsere kehrt sich gegen den Film.

Aber wir unterhalten uns dabei ganz ordentlich. Weil es nette Sprüche gibt, laxe Gesten, lustige Szenen und viele Besetzungs-Scherze, der DDR-Dauer-Indianer-Darsteller Gojko Mitic etwa macht hier einen Tankwart, vor dem sich die beiden Frauen streiten, ob sie ihn denn nun überfallen sollen oder nicht.

Wir können uns im Augenblick auch noch nicht einigen, ob wir diesen Film mit der Waffe bedrohen sollen. Und mit welcher. Er macht Spaß und er ärgert, er hat echte Momente und gräßlich aufgesetzte, er ... mmh ... sagen wir so: wer, wie der Regisseur, "Theo gegen den Rest der Welt" nicht kennt, muß diesen Film sehen. Wer nicht, kann ruhig.

-w-