300 Worte Deutsch

Ausländer rein!

Eine fast schon überentspannte Komödie über Immigranten und Integration

Männer, die bei Cengiz Demirkan (Vedat Erincin) um die Hand seiner Tochter anhalten, leben gefährlich. Nicht vor dem respektierten Moschee-Vorsteher müssen sich die Bewerber fürchten, sondern vor der vermeintlichen Zukünftigen. Die ist nämlich ganz und gar nicht einverstanden mit den Vermählungsplänen, lauert den Kandidaten im Treppenhaus auf und droht ihnen kampfsportgeschulte Prügel an.

Lale (Pegah Ferydoni) ist in Deutschland aufgewachsen und will ihr modernes, emanzipiertes Dasein nicht aufgeben. Das Kopftuch trägt sie nur zuhause, dem Vater zuliebe, der sie nach dem Studium unter die Haube bringen will.

Cengiz verfügt über umfangreiche Erfahrung auf dem Gebiet der Kuppelei, besorgt er den jungen Männern seiner Gemeinde doch regelmäßig Bräute aus der Türkei, auf die sich die Eltern untereinander geeinigt haben. Solche Praktiken sind Dr. Ludwig Sarheimer (Christoph Maria Herbst) vom Kölner Ausländeramt ein Dorn im Auge. Der Beamte sieht sich als letzten Damm gegen die Migrantenflut, die sein geliebtes Heimatland zu überschwemmen droht. Sein neuer Mitarbeiter und Neffe Marc (Christoph Letkowski) hat da eher einen integrativen Ansatz, besonders seit er sich in Lale verguckt hat. Mit ihr zusammen organisiert er ausgerechnet in den Räumen des Ausländeramtes für die Bräute aus der Türkei einen Deutschkurs, indem die Schülerinnen den vorgeschriebenen Grundwortschatz von dreihundert Worten erlernen sollen.

In Zeiten von Pegida kommt Züli Aladags Multi-Kulti-Komödie fast schon ein wenig überentspannt daher, aber vielleicht ist das gerade der richtige Zeitpunkt, das Verhältnis zwischen den Kulturen auf burlesker Ebene zu verhandeln. Aladag jongliert vollkommen ungezwungen mit den deutsch-türkischen Klischees und führt sie zu recht überschaubaren Turbulenzen zusammen. Die Figuren versuchen auf verschiedene Weise an ihren Traditionen und engen Wertvorstellungen festzuhalten und merken allmählich, dass sie längst dem Korsett der eigenen Kultur entwachsen sind. Selbst der rechtsnationale Beamte der Ausländerbehörde gerät ins Schwimmen, als er feststellt, dass seine blonde Lieblingsprostituierte Daisy eigentlich Ayse heißt und aus der Türkei stammt. Christoph Maria Herbst, der genauso wie Pegah Ferydoni (Türkisch für Anfänger) als Publikumsmagnet für deutsche Fernsehzuschauer besetzt wurde, spielt den fiesen Beamten im bewährten "Stromberg"-Modus. Ohnehin ist dies kein Film der großen Überraschungen. Die Figuren und ihre Verbändelungen bleiben vorhersehbar und werden reihenweise mit versöhnlichen Schlusswendungen verarztet. Eine durchaus sympathische, aber auch sehr zahnlose Komödie über die kleinen und großen Missverständnisse in den multikulturellen Beziehungen.

Martin Schwickert

D 2014 R: Züli Aladag B: Ali Samadi Ahadi, Arne Nolting, Gabriela Sperl, Züli Aladag D: Pegah Ferydoni, Christoph Maria Herbst, Vedat Erincin, 96 Min.