42PLUS

Zu späte Triebe

Frauen dürfen aus der Enge der Familie ausbrechen - solange sie brav wieder zurückkommen

In Christines Leben ist bisher alles nach Plan gelaufen. In der Medienbranche hat sie sich auf der Karriereleiter tapfer nach oben gearbeitet. Die ehelichen Verhältnisse mit einem Mann namens Georg (Ulrich Tukur) sind stabil, die pubertierende Tochter (Vanessa Krüger) ist ungewohnt vernunftbegabt, und für das sexuelle Abenteuerbedürfnis sorgt eine wöchentliche Hotelaffäre mit dem Mann ihrer besten Freundin.

Anlässlich ihres Geburtstages begibt sich das eingespielte Familientrio ins Feriendomizil an der italienischen Adria.

Es gibt eine Torte, bunte Geschenke und sogar eine kleine Theateraufführung von Vater und Tochter im Matrosenhemd. Aber kann das wirklich alles sein? Die Frage zeichnet sich im nachdenklichen Gesicht der Jubilarin deutlich ab. Als überraschend auch noch die beste Freundin (Petra Morzé) mit ihrem Mann (Tobias Moretti) auftaucht, ergreift das Geburtstagskind die Flucht und lässt sich am Strand entlangtreiben, wo eine Gruppe junger Leute campiert.

Einer der Jugendlichen flirtet sie ganz unverblümt an. Dem unbekümmerten Surferlächeln, dem strohblonden Haar und dem fettpolsterfreien Körperbau kann und will Christine nicht widerstehen. Vor den Augen von Mann, Tochter, Freundin und Gelegenheitsliebhaber lässt sie sich auf die Affäre mit Tamaz (Jakob Matschenz) ein.

Anders als bei ihren männlichen Krisenkollegen ist der Flirt mit der Jugend bei Christine nicht nur eine Flucht vor dem Altwerden. Vielmehr setzt Derflinger den jugendlichen Liebhaber als Katalysator ein, um die emotionalen Verkrampfungen der bürgerlichen Existenz ihrer Hauptfigur zu lösen. Natürlich führt die Affäre zum Eklat, zum reinigenden Gewitter, zur Befreiung von der Verlogenheit des eigenen Daseins.

Auch wenn gelegentlich kurz so etwas wie emotionale Wahrhaftigkeit aufleuchtet, bewegt sich 42plus nicht wirklich aus den konventionellen Fernsehformaten heraus. Das Wohlstandsambiente des Feriendomizils wirkt wie aus einer Vorabend-Serie ausgeliehen. Die Kamera kann mit der Weite der Leinwand kaum etwas anfangen. Die gezähmte Krisendramaturgie sorgt dafür, dass die weibliche Midlife-Crisis nach einem verlängerten Wochenende und 90 Filmminuten so gut wie ausgestanden ist.

Martin Schwickert

Ö 2008. R: Sabine Derflinger B: Sabine Derflinger, Mogens Rukov K: Bernhard Pötscher D: Claudia Michelsen, Ulrich Tukur, Tobias Moretti