72 Stunden

Reha-Maßnahme

Regisseur Haggis drehte einen soliden Thriller

Diesen Blick, den Russell Crowe da über den Küchentisch wirft, muss man erst einmal hinbekommen. Nur kurz hält der Blick, mit dem der Englischlehrer John Brennans seiner temperamentvollen Frau Lara (Elizabeth Banks) beim Frühstückmachen zuschaut, die Zeit an, unterbricht den hektischen Familienalltag und erzählt in wenigen Sekunden alles über die Intensität und Vertrautheit einer langjährigen Liebe.

Dieser Blick muss stimmen, denn viel Zeit bleibt den beiden Hauptfiguren in Paul Haggis nicht, um das emotionale Fundament der Geschichte zu legen. Denn schon in der nächsten Minute stürmt die Polizei die Wohnung und nimmt Lara unter Mordverdacht fest. Sie soll ihre Chefin auf dem Parkplatz mit einem Feuerlöscher erschlagen haben. Natürlich ist sich John sicher, dass seine Frau die Tat nicht begangen hat, aber die Beweise sind erdrückend.

Lara wird zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Alle Berufungsverfahren bleiben ohne Erfolg. Aber John will sich nicht damit abfinden, dass er den Rest seines Lebens ohne Lara verbringen und den gemeinsamen Sohn allein aufziehen soll. Getreu der guten, alten Western-Regel "A man has to do what he has to do" beginnt John ohne das Wissen seiner Frau den Ausbruch zu planen.

Das Besorgen falscher Papiere und einer nicht registrierten Waffe enden für den kriminell unerfahrenen College-Dozenten fast im Desaster, und auch der versierte Ausbrecherkönig (Liam Neeson), den John als Berater hinzuzieht, verbreitet angesichts der Sicherheitsstandards und Lage des Pittsburgher Gefängnisses wenig Optimismus.

Mit 72 Stunden legt der mehrfach oscarprämierte Regisseur und Drehbuchautor Paul Haggis) einen geradlinigen Routinethriller vor. Seine letzte Regiearbeit, die Irakkriegsgeschicht, wurde zwar von der internationalen Kritik gefeiert, aber an den US-Kinokassen abgewählt. Da muss sich auch ein Mann wie Haggis in Hollywood erst einmal wieder im Mainstream bewähren.

Als Brückenschlag zwischen Familiendrama und Actionfilm entwickelt sic zu einem durchaus spannenden und souverän inszenierten Stück Unterhaltungskino, das ganz auf seinen Superstar Russell Crowe zugeschnitten ist.

Dennoch hat der Plot einige Plausibilitätslöcher, die teilweise, aber nicht vollständig auf dem Weg zum Finale gestopft werden.

Martin Schwickert

The Next Three Days USA 2010 R: Paul Haggis B: Paul Haggis, Fred Cavayé K: Stéphane Fontaine D: Russell Crowe, Elizabeth Banks, Liam Neeson, Brian Dennehy