THE ACT OF KILLING

Mörderspiel

Eine verstörende Dokumentation über Großväter des Verbrechens

Am Anfang haben wir sie einfach zu Tode geprügelt", lächelt der nette Greis, "Aber das machte zu viel Blut. Und dann hatte ich eine Idee." Stolz führt er seine Drahtschlinge für saubere Hinrichtungen vor, und wenn sie ihm beim Rest seiner Jugenderinnerungen locker um den Hals hängt, möchte manch einer gern ein bisschen daran ziehen.

Anwar Congo war 1965 einer der Führer der "Kino-Mafia". Die jungen Leute gingen gern in Elvis-Filme, verkauften Tickets auf dem Schwarzmarkt, spielten im wahren Leben Hollywood-Helden nach und brachten jeden Kommunisten um, den sie fanden. Aufgestachelt von der Regierungspropaganda Suhartos, der sich gerade an die Macht geputscht hatte, jagten Milizen jeden Staatsfeind. Und die Jugendlichen waren stolz darauf, sich nicht mit ideologischen Fragen aufzuhalten. Man sagte ihnen einfach, wer der Feind war. "Auch der Vater meiner Freundin, damals" lacht ein dick gewordener Kampfgefährte Anwars. "Erinnerst du dich?" und alle grinsen, als ginge es um eine wilde Party.

Heute sind die "Gangster" von damals immer noch hoch angesehen im Lande und die Regierung kommt immer noch nicht ohne die Paramilitärs aus. Der amerikanische Filmemacher Joshua Oppenheimer beobachtet in dieser dänischen Produktion den verwirrenden indonesischen Alltag, in dem die Todesschwadroneure einmal sogar im TV beklatscht berichten, wie sie damals 2,5 Millionen Kommunisten auslöschten. Und dass sie nun einen Film darüber drehen. Mit Musik.

Verkleidet als Cowboys oder mit falschen Zähnen und gefärbten Haaren inszenieren die älteren Herren den Furor der Jugend in Film-Floskeln neu. Manchmal spielen sie auch selbst ein Folter-Opfer oder erfinden eine Albtraumszene, in der ein Dämon Anwar quält, der seit damals manchmal schlecht schläft. Am Höhepunkt massakriert eine Horde ein ganzes Dorf und der dritte Killer von links muss seine mitspielende Tochter anschließend trösten: "Benimm dich. Schauspieler weinen immer nur in der Szene".

Das ist ein Problem des Films. Die Realität, einschließlich der selbstgedrehten Psycho-Dramen darin, ist so unglaublich, dass vieles dann doch nach Inszenierung riecht. Der Film erklärt nichts. Weder den Kommunisten-Hass der 60er, noch das völlige Ausbleiben jeder Form von Aufarbeitung im heutigen Indonesien. Manchmal verlässt er die Nahperspektive, etwa wenn er einen Killer die grausigsten Tötungsarten im Off schildern lässt, während er in einem Luxuskaufhaus in den Edelwaren stöbert. Manchmal unterläuft er sie gemein, wenn er etwa Anwar beim Betrachten eines Muezzins im TV geradezu staatsgefährdend äußern lässt, das sei auch so ein Kommunist, den er damals nur nicht erwischt hätte.

Der Abend ist zuverlässig verdorben nach diesem Film, der jedem noch ziemlich lange im Kopf herum gehen wird.

Wing

D 2012 R + B: Joshua Oppenheimer