EIN LEBEN FÜR EIN LEBEN

Nach dem Tod

Jeff Goldblum als "Adam Hundesohn" in der Verfilmung von Paul Schrader

Die Klinik liegt mitten in der israelischen Negev-Wüste, und Adam (Jeff Goldblum) ist der unangefochtene Star der Nervenheilanstalt. Als er nach einem Mordversuch wieder in das Sanatorium eingeliefert wird, feiern Insassen und Personal seine Rückkehr in den Schoß der Familie. Alle Patienten hier sind Überlebende des Holocaust, die nicht zurückfinden in das normale Leben der neuen Heimat.

Adam war schon in seinem früheren Leben ein Star. Im Berlin der dreißiger Jahre stand er als erfolgreicher Clown und Zirkuskünstler auf der Bühne, bis die Nazis ihn und seine Familie deportierten. Das Konzentrationslager hat er nur aufgrund seiner schauspielerischen Fähigkeiten überlebt.

Kommandant Klein (Willem Dafoe) ließ den Clown in seinem Büro als Hund auf allen Vieren herumlaufen, und von den tagtäglichen Demütigungen haben sich Adams Herz und Hirn nie wieder erholt. Genie, Witz, Sarkasmus, Schmerz und Wahnsinn liegen in seiner Seele ganz dicht nebeneinander, und erst als ein misshandelter Junge in die Klinik eingeliefert wird, der sich in einen Hund verwandelt zu haben glaubt, kommt Adams schmerzhafte Trauma-Bewältigung in Gang.

Mit Ein Leben für ein Leben verfilmt Paul Schrader den surrealen Roman des israelischen Schriftstellers Yoram Kaniuk, der über Jahrzehnte hinweg als "besonders unverfilmbar" galt. Nach seinem Erscheinen in den frühen sechziger Jahren wurde Adam Hundesohn von der Kritik verrissen. Eine Groteske über den Holocaust - das war nicht möglich. Heute gehört der Roman zu den Klassikern der israelischen Literatur und ein Theater in Tel Aviv spielt das darauf beruhende Bühnenstück seit über fünfzehn Jahren en suite.

Schrader hat dieses sehr wilde Stück Holocaust-Literatur ein wenig gezähmt, aber trotzdem ist daraus immer noch ein sehr ungewöhnliches Filmwerk geworden. Im Grashüpfer-Verfahren springt der Film zwischen den verschiedenen Zeitebenen hin und her: dem Zirkusleben im Berlin der Dreißiger, Adams KZ-Aufenthalt, seinem vergeblichen Versuch, im Nachkriegsdeutschland wieder Fuß zu fassen, und dem Leben in der Psychiatrie im Israel der sechziger Jahre.

Mit seiner surreal-turbulenten Erzählweise entwickelt Schrader ein gutes Gespür für den jüdischen Humor der Vorlage, die dem Schrecken mit Witz begegnet, ohne das Mitgefühl für die Figuren auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen. Sicherlich ist die assoziativ-chaotische Erzählweise gewöhnungsbedürftig. Aber wer sich zurücklehnt und den Film ohne verbissenes Alles-Verstehen-Wollen auf sich wirken lässt, erlebt einen vollkommen unsentimentalen Film über die Auswirkungen des Holocaust auf die Übriggebliebenen, der auf seine ganz eigene skurrile und nicht-manipulative Weise umso tiefer berührt.

Martin Schwickert

Adam Resurected Israel/D/USA 2008 R: Paul Schrader B: Noah Stollman nach einem Roman von Yoram Kaniuk K: Sebastian Edschmid D: Jeff Goldblum, Willem Dafoe, Derek Jacobi