ADAPTION

Beeing Charlie Kaufman
Spike Jonze und sein Drehbuchautor haben ganz viel Kino im Kopf

Ein Drehbuchautor namens Charlie Kaufman (Nicholas Cage) wird beauftragt das Buch der New Yorker Journalstin Susan Orlean (Meryl Streep) über einen Orchideendieb für die Leinwand zu adaptieren. Gerade wird sein erstes Skript verfilmt und alle im Filmbusiness halten Kaufman für ein Genie, nur er selbst nicht. Der etwas dickliche Charlie wird von Minderwertigkeitskomplexen und Anspruchsdenken gleichermaßen zerfressen. Wenn er der attraktiven Studiomanagerin (Tilda Swinton) gegenüber sitzt, ist sein Gesicht mit Schweißperlen übersäht und die Worte poltern unkoordiniert aus ihm heraus. Sein Unvermögen diesen Roman zu adaptieren geht einher mit seiner mangelnden Anpassungsfähigkeit im normalen Leben und dem Unwillen, sich den Regeln der Filmindustrie zu unterwerfen.
In diesen Film ist noch ein zweiter eingelagert, und der erzählt von der aufkeimenden Liebe zwischen der Romanautorin und dem Orchideendieb. Zumindest versucht er es, denn das, was wir sehen, ist schließlich nur der Film, dessen Drehbuch gerade in Charlies Kopf entsteht. Wer jetzt noch keinen Knoten im Hirn hat, sollte wissen, dass der Drehbuchautor des Films da vorne auf der Leinwand ebenfalls Charlie Kaufman heißt und wir im Grunde genommen den Entstehungsprozess des Filmes beobachten, den wir gerade im Moment sehen.
Schon in Being John Malkovich benutzten Spike Jonze und sein Drehbuchautor Charlie Kaufman das Medium Film als erzählerisches Spiegelkabinett. Man erinnert sich an Malkovichs Reise in den eigenen Kopf, wo er auf Hunderte Klonversionen seiner selbst traf. Diese erzählerische Saltobewegung setzt sich in Adaption als Struktur fort. Aber der Film ist weit mehr als ein Kniffelspiel für dechiffrierwütige Kinofreaks. Genau wie sein Vorgänger versprüht auch Adaption die ungezügelte Energie und Lust am Filmemachen, die sich nicht um Grenzen und Konventionen schert. Entlang seiner Komödienoberfläche ist Adaption zum Wegwerfen komisch.
Im Nachhall verfolgt einen der filmische Geniestreich noch lange nach dem Kinobesuch. Nicht nur der Film-im-Film-im-Film-Effekt der Erzählung, sondern auch das aufrichtig verwirrte Ringen um die Begriffe von Leidenschaft und Anpassung. Hinzu kommt ein herrlich schräg aufspielender Nicholas Cage, der hier nicht nur als krisengeschüttelter Charlie auftritt, sondern auch als dessen Zwillingsbruder Donald, der an einem Drehbuch arbeitet über einen Serienkiller mit multipler Persönlichkeit. Aber das ist schon wieder eine andere Geschichte ...

Martin Schwickert
R: Spike Jonze B: Charlie Kaufman and Donald Kaufman nach dem Roman "The Orchid Thief" by Susan Orlean K: Lance Acord D: Nicolas Cage, Meryl Streep, Chris Cooper