AIMEE UND JAGUAR

Nur die Liebe zählt

Frauenliebe in der Nazi-Zeit

Mit Aimée und Jaguar entstand in Deutschland eine Filmproduktion über die Nazi-Zeit, die ein individuelles Sujet ins Zentrum stellt: eine lesbische Liebe.
Im Falle von Max Färberböcks Aimée und Jaguar ist es eine so große Liebe, daß selbst die Schreckensherrschaft der Nazis sie nicht zu trennen vermag. Jaguar liebt Aimée, und Aimée liebt Jaguar, ohne richtig zu wissen, wen und warum. Auf den ersten Blick könnte diesem Film vorgeworfen werden - genauso wie es bei Comedian Harmonists einige kurzsichtige Kritiker gemacht haben - Vilsmaier mißbrauche die Zeit, in der er spielt, bloß als Kulisse. Es stimmt, die Taten der Nazis werden zum Nebenereignis. Aber eben dies bietet die Möglichkeit, eine Zeit für die Kunst zugänglich zu machen, wenn sie nicht nur auf den einen Hauptaspekt reduziert wird, sondern die Geschichte einer anders gewichteten Vorlage, die nunmal eine wahre ist, zuläßt. Färberböck weiß genau um die historischen Hintergründe, drängt diese allerdings nie um ihrer selbst willen in den Vordergrund, sondern konzentriert sich auf das Spiel seiner Hauptdarstellerinnen.
Und das ist wirklich grandios und setzt für Deutschland, was die weibliche Schauspielleistung angeht, neue Maßstäbe. Maria Schrader beherrscht während jeder Szene die komplette Leinwand und entflammt mit ihrem Eros förmlich das Zelluloid. Köhler gleicht der von Dmitri Popov in Nighthawks für sie entworfenen Kunstfigur der Bacall. Verletzlich und doch immer stark, kompromißbereit, aber auch durchsetzungsfähig, voller Liebe, in der sie die größte Dummheit begeht. Vieles von dem intensiven Spiel wäre ohne die akzentuierte, stark kontrastierende Kameraführung verloren. So wirkt das Gesicht der Schrader ins Dunkel der Nacht getaucht - nur Augen und Mund wahrnehmbar - wie einst die große Marlene. Bis auf den völlig deplazierten Buck wirken die Nebenrollen bis ins kleinste sorgsam besetzt, wobei besonders die Leistung von Peter Weck als redenschwingender Nazi überzeugt.
Viele werden diesem Film Vieles vorwerfen, aber eines kann nicht geleugnet werden: Er geht einen neuen Weg, und dieser ist immer voller Steine.

Nikolaj Nikitin