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ANGEL

Die Traum-Frau

Francois Ozon entdeckt die süße Belanglosigkeit des Kostümfilms

In seinem ersten komplett englischsprachigen Film entdeckt der französische Filmemacher François Ozon (8 Frauen / Swimming Pool) das Melodram der 30er und 40er Jahre. Filme wie Vom Winde verweht oder Gigi standen Pate für dieses am Ende des 19.Jahrhunderts angesiedelten Kostümdrama.
Ozon erzählt vom Aufstieg und Fall der Autorin Angel Deverell (Romola Garai), die, aus ärmlichen Verhältnissen stammend, mit ihren Kitschromanen große Erfolge feiert.
Angels wichtigste Waffe ist eine gesunde Portion Realitätsverlust. Die eskapistischen Traumwelten, mit denen sie die Herzen des breiten Publikums erobert, versucht sie sich auch im eigenen Leben aufzubauen.
In einem englischen Landsitz, den sie als Kind immer durch die Gitterstäbe bewundert hat, richtet sie ihr eigenes geschmacklose Kitschparadies ein. In der Liebe glaubt sie mit dem erfolglosen, realistischen Maler Esmé ihren Prinzen gefunden zu haben.
Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges wird Angels Verweigerungshaltung gegenüber der politischen und gesellschaftlichen Wirklichkeit auf eine harte Probe gestellt.
Mit Verve wirft sich Ozon in die antiquierte -sthetik des melodramatischen Kostümfilms. Wunderbar geschmacklos sind die Innenräume, im Orchestergraben schmachten die Geigen, und wenn Angel ihrem Traumprinzen einen Heiratsantrag macht, erstrahlt sogar ein Regenbogen über dem sonnenbeschienen Liebespaar.
Anders als Todd Haynes in Dem Himmel so fern ahmt Ozon das klassische Melodram nicht nach, sondern überzeichnet den Gestaltungswillen des Genres mit ästhetischer Ironie. Die bisher weitgehend unbekannte Romola Garai geht vollkommen auf in der Rolle der sympathischen Narzisstin, die nie einen Hauch von Selbstzweifel befällt und dem Publikum so unwiderstehlich auf die Nerven gehen kann.
Wer nach einfachen Identifikationsfiguren sucht, war bei Ozon schon immer an der falschen Adresse. Aber es ist gerade die ironische Distanz, die Angel zu solch einer wunderbar schillernden, widersprüchlichen Kinofigur werden lässt.

Martin Schwickert

GB/B/F 2007 R: François Ozon B: François Ozon, Martin Crimp K: Denis Lenoir D: Romola Garai, Michael Fassbender, Charlotte Rampling , 134 Min.