DIE ATEMPAUSE


Die Stille danach

Primo Levis Erinnerungen nach der Auschwitz-Befreiung

Wie ein apokalyptischer Reiter, ein tragischer Strich in der Landschaft steht er da. Einen leeren Blechnapf hält er in der ausgestreckten Hand. Gackert. Schlägt mit den Ellenbogen wie mit Flügeln. Wendet sich zur Seite und bewegt den Kopf, als wolle er nach etwas picken. - Ein Hühnchen! Ein Hühnchen möchte er, für sich und seine ausgemergelten Kameraden. Primo Levi (John Turturro) gelingt die Pantomime so umwerfend komisch, daß die russischen Bauern den zerlumpten Italienern das Federvieh prompt übergeben.
In seinem autobiographischen Roman "Die Atempause" hat der Turiner Chemiker und Widerstandskämpfer Primo Levi die Odyssee seiner Heimkehr aus Auschwitz beschrieben. Neun Monate, von Januar bis Oktober 1945, irrte er durch weißrussische und ukrainische Lager. Francesco Rosis mit großem Aufwand an Originalschauplätzen gedrehte Adaption setzt das zentrale Motiv der Vorlage, die allmähliche Rückkehr der Lebensgeister und das Aufkeimen von Hoffnung, traumwandlerisch realistisch um.
Die Atempause besteht aus einer Mischung konventioneller amerikanischer Erzähltechnik mit ausgeklügelter Rückblendenstruktur und malerisch-plastischen Bildern.
Das Leben sei schön, tragisch und grotesk zugleich, sagt Francesco Rosi, dessen eindringlicher Film bereits 1997 in Cannes gezeigt wurde. Offenbar angeregt durch Mahnmal-, Walser-Debatten und Benigni-Filmpreise, kommt Die Atempause jetzt auch hier ins Kino.

Cornelia Fleer