Der Aufsteiger

Machtmännchen

Ein böser Film über die Mechanismen der Demokratie

Der Verkehrsminister träumt gerade von einer nackten Frau, die in ein Krokodil kriecht, da klingelt das Telefon: Ein Bus ist verunglückt, es hat Tote gegeben, der Minister muss vor Ort sein.

Dass er da gar nichts tun kann außer dumm herumzustehen und die richtige Krawatte fürs Interview umzubinden, gehört zu den gemeinen Beobachtungen in Pierre Schöllers Der Aufsteiger. Gehetzt von in Echtzeit via Handy verbreiteten Nachrichten, rast der Minister von Ort zu Ort, von Mikrophon zu Mikrophon, und wenn er mal mit seiner Frau an deren Geburtstag in die Oper will ("Götterdämmerung" wird gegeben), fällt die Oper aus, weil die Bühnenarbeiter streiken, weshalb der Minister den Abend bei seinem neuen Fahrer und dessen Frau verbringt und dann schwer besoffen nach Hause torkelt.

Der Aufsteiger ist kein satirischer, aber ein komischer Film. Er zeigt eine Elite, die ausschließlich mit sich selbst und der Machtverwaltung beschäftigt ist, ohne eigentlich etwas zu bewegen. In Frankreich, wo die Klassentrennung härter ist als hier, wurde der Film mit Begeisterung aufgenommen. Die herrschende Klasse ist wohl gut getroffen.

Am Ende wird dem Minister der einzige Standpunkt, den er je hatte, beinahe zum Verhängnis. Aber mit einer ebenso boshaften wie realistischen Schlusswendung wird auch hier das schlimmste verhütet: Der Minister wird ein anderer Minister und darf jetzt die Scherben aufräumen, die er in seinem vorherigen Ministeramt überhaupt erst zerbrochen hat.

Ein großartiges Schauspielerteam präsentiert Der Aufsteiger als ein Kammerspiel der Eitelkeiten. Selten hat ein Blick in die Amtszimmer der Demokratie so realistisch gewirkt.

Victor Lachner

L'exercice de l'État F/B 2011 R & B: Pierre Schöller K: Julien Hirsch D: Olivier Gourmet, Michel Blanc, Zabou Breitman, Laurent Stocker