PRINCE AVALANCHE

Road Movie

Silberner Bär für eine dünne, gelbe Linie

Die Farbe ist giftig, so erfahren wir etwa in der Mitte des Films. Aber sie ist vor allem signalgelb und sie verläuft genau in der Mitte einer einsamen Straße in Texas. Und mitten durch die amerikanische Seele, so wie die Yellow Brick Road durch Oz. Nach den verheerenden Waldbränden 1987 hat sich die ganze Gegend in ein Zauberland verwandelt. Rätselhaft ragen Baumstümpfe herum, menschenleer liegen die Flure im frischen Grün des nächsten Jahres. Und schweigsam zuckeln Alvin und Lance da hindurch und erneuern den Mittelstreifen. Sie schlagen neue Begrenzungspfähle ein wie Cowboys Zäune reparierten, und während sie an der Neuorientierung arbeiten, scheinen sie sich selbst verloren zu gehen.

So uramerikanisch der Trip aussieht, ist er doch ein Remake eines isländischen Road Movies, das der zuletzt mit Kiffer-Komödien bekanntgewordene David Gordon Green mit noch sparsameren Dialogen zu einem geradezu lyrischen Klamauk-Stück umbaute.

Alvin hält sich für einen Naturburschen, der lieber am Straßenrand zeltet, als in den Arbeitspausen zurück zu seiner Ehefrau zu fahren. Lance ist deren jüngerer Bruder, der nur missmutig beim Schwager mitarbeitet und sich einen ganzen Sommer ohne Sex nicht vorstellen kann. Die beiden reden nur das Nötigste miteinander, bis sie endlich den dramaturgisch notwendigen Streit miteinander haben, und dann saufen sie sich derart die Hucke voll, dass der Film kurz danach aufhören muss.

Vorher schweben aber noch zwei märchenhaften Gestalten kurz vorbei: Ein steinalter Farmer, der Getränke bringt und seltsamste Lebensweisheiten. Und eine verwirrte alte Frau, die in den Trümmern ihres Hauses nach ihrer Piloten-Lizenz sucht, um hier weg zu kommen. Geistererscheinungen, die für beliebige Interpretationen offen sind. So wie das wundervolle Solo von Paul Rudd, der sich in der Ruine vorspielt, wie er zu seiner glücklichen Familie heim kommt.

Im Vergleich zum isländischen Original ist Prince Avalanche geradezu geschwätzig, im Vergleich zu Schwerter, Joints und scharfe Bräute ist er ein Muster an Ruhe und kraftspendender Versenkung in der Natur. Und man wird Begrenzungslinien auf der Straße von nun an mit anderen Augen sehen. Auch wenn sie hierzulande weiß sind.

Wing

USA 2013. R: David Gordon Green B: Hafsteinn Gunnar Siguršsson, David Gordon Green K: Tim Orr D: Paul Rudd, Emile Hirsch, Lance LeGault, Joyce Payne