MR. AVERAGE

Gib Küsschen

Der Durchschnittsfranzose ist Marokkaner. Mehr Gags gibt's nicht.

Diese belgisch-luxemburgisch-französisch-kanadisch-deutsche Coproduktion aus dem Jahr 2006 ist ein hervorragendes Beispiel dafür, dass eine gute Idee immer auch ein gutes Drehbuch braucht. Andernfalls schmiert die Geschichte so ab wie diese hier.

Die gute Idee: Der Marokkaner Jalil ist der absolute Durchschnittsfranzose. Alles was er liebt und konsumiert, gefällt zufällig auch den Massen. Egal ob Softdrink, Zahnpasta, Sportschuhe oder Hose - was Jalils Zustimmung findet, gefällt auch dem Rest Frankreichs. Entdeckt wurde dieses seltsame und überaus nützliche Talent während einer TV-Spielshow, in der Jalil als Kandidat jedesmal richtig lag, wenn es darum ging, abzuschätzen, was der Durchschnittsfranzose bevorzugt: "Das Lieblingsschimpfwort der Männer?" - "Arschloch!" - "Hervorragend, Jalil!". Dieses Talent macht sich eine Werbeagentur zu Nutze, indem sie Jalils Wohnung verwanzt, mit Kameras spickt und ihm sicherheitshalber noch eine (falsche) Blondine ins Bett legt.

Rund um die Uhr wird Jalil jetzt ohne sein Wissen überwacht und verrät den Werbefuzzis, was morgen ankommen und trendy sein wird. Sogar der französische Präsident, dessen Umfragewerte im Keller liegen, will sich bei Jalil abgucken, was er künftig zu sagen und zu tun hat.

Aus dieser durchaus amüsanten Idee macht der Werbefilmer Pierre-Paul Renders eine flotte Bilderabfolge, in der jede Szene jederzeit stimmig und pfiffig ist und überhaupt nicht zur folgenden passt. Tatsächlich hat man den Eindruck, eine zusammengeschnittene TV-Serie zu sehen, in der allerlei Schlüsselszenen unter den Tisch fielen.

Da wir keine der Personen kennenlernen (bis zum Ende wissen wir nicht, wofür der Präsident steht: rechts, links, gar nichts?), sind uns die routiniert inszenierten Konflikte ziemlich egal.

Die falsche Werbe-Blondine will irgendwann nicht mehr lügen und entdeckt ihr Gewissen? - soll sie. Madame le President will mal ausführlich kiffen? - keine Einwände. Jalil fährt plötzlich einen roten Sportwagen? - uns doch egal.

Da nichts davon erklärt wird und alles als halbwegs grelle Farce einfach nur Entwicklung an Entwicklung reiht, erzählt der Film schnell noch drei weitere Geschichten. Und verliert seinen Witz endgültig nach 60 Minuten, wenn wir in die lange Schlußkurve einbiegen. Am Ende, in einem satirischen Werbefilm muss das so sein, küssen sich alle. Wie das Meiste in diesem Film bedeutet das gar nichts und soll deshalb witzig sein. Werbefilmerhumor halt.

Thomas Friedrich

Comme Tout le Monde. Bel/Lux/F/Kan/D 2006. R: Pierre-Paul Renders. B: Pierre-Paul Renders, Denis Lapiere. K: Virginie Saint-Martin. D: Khalid Maadour, Caroline Dhavewrnas, Thierry Lhermitte.