Bad Sitter

Gesprengte Pissoirs

US-Mainstreamkomödien werden im fäkalfreudiger

Noah besitzt die Dynamik von geschmolzenem Käse. Von der Uni geflogen, wohnt er wieder bei seiner Mutter und hängt meist schlaff vorm Fernseher rum. Allenfalls bei der sexuellen Befriedigung seiner durchtriebenen Freundin beweist er Elan.

In Noahs Brust schlägt ein im Grunde gutes Herz. Deshalb erklärt er sich auch bereit, seine Mutter bei einer ihrer Freundinnen als Babysitter zu vertreten, damit sie mal ausgehen kann. Aber statt eines Babys erwartet Noah ein Trio, das zudem aus dem Kleinkindalter raus ist. Teenager Slater ist ein larmoyanter pillenschluckender Stubenhocker, die sechsjährige Blithe hat das Gebaren einer Diva, Rodrigo schließlich ist ein zehnjähriges Problemkind, das gerne mit Böllern Toiletten in die Luft jagt.

Keine leichte Aufgabe also für jemanden, der auf dem Gebiet der Kinderbetreuung völlig unerfahrenen ist. Aber das reicht dem Drehbuch noch nicht, weshalb Noah bald ein Anruf seiner Freundin erreicht. Die lädt ihn auf eine Party ein. Sein Pflichtgefühl setzt sie mit dem Versprechen von Sex außer Kraft. Auf dem Weg soll er noch rasch was von ihrem Dealer mitbringen. Noah willigt ein, lädt die Kinder in den Familien-Van, dessen Nutzung ihm kurz zuvor noch streng untersagt worden war, und macht sich auf den Weg. Der Dealer, der sich mit halbnackten Bodybuildern umgibt, wirkt exzentrisch, scheint zunächst aber nett zu sein. Doch hier fängt Noahs Ärger richtig an, denn plötzlich schuldet er dem Gangster 10 000 Dollar. Auf der nächtlichen Suche nach Geld hinterlässt das seltsame Grüppchen eine Schneise gesprengter Pissoirs.

Komödien verfolgen eine somatische Strategie. Das Gezeigte soll beim Zuschauer neben einer emotionalen auch eine physische Reaktion hervorrufen, nämlich Lachen. Seit geraumer Zeit scheint man in der Mainstreamkomödie auch auf den Brechreich abzuzielen, so großzügig setzt man alle möglichen Körperausscheidungen ein. Das mit dem Lachen klappt bei Bad Sitter nicht oft. Und das obwohl der durchaus begabte und im Moment sehr populäre Jonah Hill seinen Looser mit wohltuendem Ernst spielt und Sam Rockwell enthemmt herumkaspert.

Trotz einiger guter Ansätze leidet Bad Sitter unter weitgehender Vorhersehbarkeit der Ereignisse und mangelndem Tempo. Fatal wirkt sich der fehlende Mut zur konsequenten Absurdität aus. Zu den witzigsten Momenten zählt dann schon, wenn Blithe dem verdutzten Noah zur Begrüßung erst mal eine Ladung ihres Lieblingsparfums in den Mund sprüht und er im Laufe des Films immer wieder für seinen blumigen Atem gelobt wird. Konventionell aber akzeptabel ist, dass Noah und die Kinder Freunde werden, da sie Außenseiter sind. Und wenn den Machern dann mal gar nichts eingefallen ist lassen sie halt eine Toilette explodieren.

Olaf Kieser

The Sitter USA 2011 R: David Gordon Green B: Brian Gatewood, Alessandro Tanaka K: Tim Orr D: Jonah Hill, Max Records, Ari Graynor, Sam Rockwell