BATMAN BEGINS

Backstreet Boy
Kapitalismuskritik mit Sigmund Freuds Lichtschwert

Nein, sie sind nicht im falschen Film. Männliche Teenager können sitzen bleiben, es explodiert schon noch was, und ein cooler Spruch, dem Gegner in die Brust zu ritzen, fällt allemal ab. Erwachsenere können aber auch sitzen bleiben, solange sie nicht hoffen, der anspruchsvolle Regisseur Chistopher Nolan (Memento) habe für den anspruchsvollen Darsteller Christian Bale (American Psycho, Rollenname da: Bateman) den "richtigen 8Ts-Batman" von Frank Miller neu erfunden. Vielmehr wird die originale Enddreissiger-Comic-Figur von Bob Kane durch die Rambo-Schule geschickt, um sowas wie der dunkle Bruder Luke Skywalkers zu werden.
Fast eine Stunde vergeht mit der Herstellung des Helden, mit Rückblenden und Räucherkerzen, mit Fans längst bekannten Trauma-Stationen. Das Kind Bruce Wayne fällt in eine Fledermaus-Höhle und entwickelt eine Phobie gegen das fiepsende Flatterzeugs. Dann werden ihm die Eltern von der Seite weg erschossen, von einem Strassenräuber, der eher arbeitslos als böse ist.
Bis endlich der haltlose junge Mann Wayne in Tibet an eine blaue Blume, das Symbol der deutschen Romantik, und einen Kampf-Therapeuten gerät (Liam Neeson, als Star Wars-Wiedergänger). Mit Zen-Säbel-Training und Ninja-Weisheiten ("Um die Angst zu besiegen, musst du die Angst werden", so sagte es schon Rambo 2) wird Bruce zum Schattenkrieger. Schreckt aber vor dem geheimen Plan der Bruderschaft zurück, die seit Jahrtausenden verrottete Zivilisations-Sümpfe vom alten Rom bis zum modernen Gotham City in die reinigende Selbstvernichtung schubsen.
Jahre später, zurück in der Stadt: da tobt der Kapitalismus ungehemmt, da opfert das einst wohltätige Unternehmen von Wayne Senior jede Moral dem Aktienkurs, und irgend ein Dunkelmann stellt mit dem Wayne-Mörder die Erschiessung des Kennedy-Mörders nach.
Für einen Augenblick stehen alle großen Fragen der Menscheit im Raum herum. Was ist Gerechtigkeit? Muss man dem Bösen gegenüber gnadenlos sein? Oder ist Gnadenlosigkeit böse? Sollen die Guten die Firmen leiten? Oder kann man nur gut sein, wenn es die Börsen nicht mehr gibt?
Dann geht die Action los. Batman wird im Firmen-Keller zusammengebaut wie James Bond, Batman jagt den Schurken eine Heidenangst ein, Batman trifft auf einen Gegner, der genau dasselbe, aber mit armen Bürgern macht. Batman trifft auf seinen Vater (in Rückblenden) und auf seinen Meister, der die halluzinogene blaue Blume in eine stadtweite Mikrowelle stecken will. Das ist ein speziell amerikanisches Trauma: dass das Grauen aus der Küche kommen könnte, dass Conveniance zu Chaos führt, dass man nasse Pudel nicht mit der Auftaustufe pampern kann.
Und Batman trifft Katie Holmes. Schwamm drüber. Sie kann mehr als das Mädchen geben, dass der Superheld ja doch nicht kriegt.
Ob die Teenager noch im Kino sind? Es gibt allerlei Schauwerte, auch den über Leichen gehenden Action-Zynismus, und Poesie-Album-Sprüche, mit der Axt verfasst: "Ein Mann ist nicht, was er denkt, ein Mann ist, was er tut" (zitiert aus Total Recall), und die Jump'n'Run-Passage für das sicher kommende Computerspiel gibt es auch. Aber dafür verflattern alle Kampfszenen, nah am Mann geschnitten, in unheroischem Gemenge; dafür liefern die Sidekicks (Michael Caine als Butler Alfred, Gary Oldman als Streifenpolizist Gordon, Morgan Freeman als Quasi-Q.) geradezu bremsende Schauspielerei ab.
Für die Erwachseneren, die bis hierhin mitgelesen haben, verraten wir jetzt den tollsten Witz: Batman Begins fängt einfach ohne Titel und Vorspann an. Und er hört auf, wie ein Trailer zu einer Serie, die es noch gar nicht gegeben hat. Allein das macht ihn schon zum besten Prequel-Sequel der Welt.

WING
USA 2005. R: Christopher Nolan, B: David S. Goyer, Christopher Nolan, K: Wally Pfister, D: Christian Bale, Liam Neeson, Katie Holmes, Gary Oldman, Michael Caine, Morgan Freeman, Rutger Hauer