BESSER GEHT'S NICHT


Menschen in Cafés

Ein Liebesfilm für Hundehasser

Es gibt Dinge, viele Dinge, die so nur in Hollywood-Filmen geschehen können. Eine der Lieblingsbeschäftigungen der Drehbuchschreiber ist es, in der Fiktion Menschen miteinander zu verkuppeln (meistens zielgerichtet zum Zwecke von Eheschließung und Familiengründung), die im echten Leben nie und nimmer zueinanderfinden würden. Viele Filmgeschichten leiden unter diesem proklamatorischen Realitätsverlust, andere übertreiben es derart, daß man sich ihrem Sog kaum entziehen kann. James L. Brooks Komödie Besser geht's nicht erhöht die Zahl der zusammenzuführenden Personen von zwei auf drei und schickt sie auf ein sehr unterhaltsames interaktives Hindernisrennen.
Melvin Udall (Jack Nicholson) ist ein perfektes Produkt der Stadtneurotiker-Metrople New York. Ein großstädtischer Zwangscharakter, der sich in seine kleine Welt der Macken und Neurosen eingemauert hat. Die Wohnungtür wird stets fünffach verriegelt, die Kleidung ständig gewechselt, um bakteriellen Fremdbefall zu vermeiden. Ritzen zwischen Gehwegplatten bedeuten für Melvin größte Gefahr und weil er keinesfalls bereit ist, auf einen dieser Kleinst-Abgründe zu treten, bewegt er sich in recht seltsamen Schrittkombinationen durch Manhattan. Aber Melvin, der gutes Geld mit dem Verfassen romantischer Liebesromane verdient, ist nicht nur neurotisch, sondern auch ein ausgesprochenes Ekel. Berufsbedingt weiß er seine Menschenfeindlichkeit brillant in Worte zu fassen. Es empfiehlt sich, Stift und Papier mit ins Kino zu nehmen, denn die zahlreichen zynischen Bonmots, die Drehbuchautor Mark Andrus seiner Hauptfigur ins Skript geschrieben hat, sollte man sich für schlechte Tage aufbewahren.
Besonders verhaßt ist Melvin sein Nachbar Simon (Greg Kinnear). Simon ist schwul und Künstler noch obendrein. Die beiden lernen sich kennen und erst sehr viel später auch schätzen, als Melvin Simons Hund, ein Original Brüsseler Affenpinscher, in den Müllschlucker entsorgt hat. Ein Fest für Hundehasser ist diese kurze Szene. Daß ausgerechnet dieser Hund später die Tür zu Melvins verkrusteten Herzen öffnet und er ihm liebevoll "always look on the bright side of life" am Klavier vorspielt, wird die Tierschutzklientel wieder versöhnen.
Herzöffner Nummer Zwei ist Carol (Helen Hunt), streßgeplagte Mutter eines astmatischen Sohnes und Bedienung im Café, in dem Melvin täglich Punkt elf sein Frühstück einnimmt. Carol ist die einzige, die den tyrannischen Stammgast Paroli bietet, und in ihrer Gegenwart wird Melvin für wenige Augenblicke lammfromm. Eigentlich gibt es ja schon mehr als genug Filmgeschichten, in denen sich weitherzige Frauen an verhärteten Männercharakteren die Zähne ausbeißen. Aber diese Variation überzeugt durch Detailreichtum und geschliffene Dialoge. Es ist ein Genuß zu sehen wie sich Jack Nicholson und Helen Hunt bei diesem ausgewogenen Match aneinander abarbeiten. Drohend hängt der genrebedingte Zwang zum Happy End über der Szenerie. Immer wieder macht die Geschichte einen Schlenker, und Melvin rutscht beim Candle-Light-Diner erneut eine Gehässigkeit statt eines Liebesgeständnissen heraus. Jack Nicholson, den ich vor noch nicht allzu langer Zeit aufgrund seines erstarrten Über-Images ohne Zögern zur Mumifizierung frei gegeben hätte, erweist sich hier als komödiantischer Präzisionsschauspieler. Auch Helen Hunt, die in Twister immer vor Wirbelstürmen davonlaufen mußte, überzeugt mit ihrem breitschultrigen Kellnerinnengang als schlagfertiges "Working-Class-Girl". Besser geht's nicht ist eine runde, amüsante Angelegenheit und zeigt, daß es selbst in dem ausgelutschten Romantic-Comedy-Genre ab und an noch einmal Lichblicke geben kann.

Martin Schwickert