The Best Offer

Die Dame hinter der Tür

Ein geschmackvoller Kunstthriller

In seinem luxuriösen Apartment hoch über den Dächern der Stadt hat Virgil Oldman (Geoffrey Rush) einen Wandschrank, hinter dessen Schiebetüren sich eine mehrere Regalmeter umfassende Sammlung von Handschuhen befindet.

Der Auktionator und angesehene Kunstexperte meidet den direkten Hautkontakt zu Türklinken, Telefonen, Besteck und natürlich auch zu seinen Mitmenschen. Virgil ist ein Einzelgänger und der unangefochtener Alleinherrscher über einen Antiquitäten- und Kunsthandel, durch den Millionenbeträge hindurchfließen. Seine Expertisen sind in der Branche Gesetz, und zu dem umfangreichen kunsthistorischen Wissen gesellt sich die Leidenschaft eines gewieften Geschäftsmannes sowie die Intuition des Schatzsuchers, der unter einem schwarzen, verschimmelten Brett ein kostbares Gemälde erspüren kann. Seine liebsten Werke lässt er von einem Strohmann ersteigern, denn hinter dem Handschuhschrank befindet sich ein mit dicken Stahltüren gesicherter Raum, dessen Wände an die hundert Frauenporträts aus allen Epochen zieren.

Eine schwindelerregende Kamerafahrt gleitet in Guiseppe Tornatores The Best Offer langsam über die Gemälde, die so angebracht sind, dass sich die Blicke der Frauen direkt in die Kamera richten - ein wahrhaft magischer Kinomoment, der seinen Platz im filmischen Gedächtnis verdient hat.

Im wirklichen Leben bleibt Virgil zum anderen Geschlecht auf Distanz, bis sich eine Kundin bei ihm meldet, die einen wertvollen Nachlass an Möbeln und Gemälden zur Versteigerung bringen will. Mehrfach versetzt sie den blasierten Kunstexperten. Schließlich stellt Virgil fest, dass die Frau in einem abgeschlossenen Trakt einer weitläufigen Villa lebt, den sie seit mehr als zehn Jahren nicht mehr verlassen hat. Der schwere Fall von Agoraphobie beginnt ihn zu interessieren und langsam entwickelt sich in den Gesprächen und Verhandlungen durch die geschlossene Tür hindurch eine Beziehung, die in Virgil ungeahnte Leidenschaften weckt.

Nach dem internationalen Erfolg von Cinema Paradiso übte sich der italienische Regisseur Giuseppe Tornatore mit Werken wie Der Zauber der Malèna (2000) hauptsächlich im Kunstgewerbekitsch, entwickelte aber gleichzeitig in Filmen wie Eine reine Formalität (1994) und zuletzt Die Unschuldige (2006) ein Faible für suspensehaltige Kinokost. Auch in seinem neuen Film hitchcockt es ganz gewaltig. Der intelligente Thriller überzeugt vor allem durch seine komplexe Plotkonstruktion und die atmosphärische Dichte des stilvollen Settings, in dem die Kunstgeschichte kräftig mitatmen darf.

Ein wenig hinderlich für die Glaubwürdigkeit der fein gedrechselten Geschichte ist allerdings der Altersunterschied zwischen dem längst ergrauten Auktionator und der jungen, zarten Agoraphobikerin. Hier wie auch an anderer Stelle werden Zweifel gesät, ohne deren Hinweischarakter sich die Story sehr viel wirkungsvoller entfalten könnte.

Martin Schwickert

La migliore offerta I 2013: Giuseppe Tornatore K: Fabio Zamarion D: Geoffrey Rush, Jim Sturgess, Sylvia Hoecks