BLADE


Du bist tot!

Endlich etwas Eleganz im Metzel-Genre

Zugegeben kein Film für schwache Gemüter. Für gestählte Splatter-Kino-Konsumenten und Freunde des Vampirismus' hingegen gehört Stephen Norringtons Blade sicherlich zu den vorweihnachtlichen Festtagsfreuden. Vorbei die Zeit, in der sich Nosferatus Zähne mit sanft erotischen Biß in Damenhälse bohrten. Der moderne Vampirismus ist von ungehemmter Gier und Brutalität gekennzeichnet. Die untoten Blutsauger des ausklingenden Jahrtausends streben nach Weltherrschaft. Während die menschliche Normalbevölkerung ahnungslos ihr vergängliches Leben lebt, haben sich die Nachfahren Draculas schon längst ein unterirdisches Imperium aufgebaut. In chic gestylten Appartments feiern sie Nachts über den Dächern ansehnliche Orgien. In düsteren Techno-Clubs versorgen sie sich mit Frischfleisch. Schon zu Beginn zeigt Blade in einem solchen Club gleich neben dem Schlachthof ein ansehnliches Blutbad und läßt viel flüssiges Rot aus der Sprinklernanlage versprühen.
Solche Verhältnisse schreien nach einer ungebrochenen Heldenfigur. In einer verlassenen Fabrikhalle mit brodelnden Laboratorien rüstet sich Blade (Wesley Snipes), unterstützt von seinem Waffenbastler Whistler (Kris Kristofferson), für den Kampf gegen die Vampire. Unverkennbar ist dieser Superheld, der selbst vom Virus des Vampirismus infiziert ist, einem Comic-Strip entsprungen. In ein schickes Kunststoffmieder haben die Kostümdesigner Wesley Snypes gutgebauten Korpus gesteckt. Mit wehendem Ledermantel fegt der schwarze Kämpfer durch das Set gegen eine Unzahl von bleichgesichtigen Blutsaugern. Mit einem kreisenden Schwertschlag eliminiert er sie gleich dutzendweise, und die Computeranimateure sorgen für ihr effektvolles Sterben.
In Blade greifen die Mittel des modernen Effektekinos perfekt ineinander. Anders als in der gescheiterten Comicverfilmung Spawn werden die Festplattentricks hier nicht zum Selbstzweck, sondern ergänzen die sorgfältig choreographierten Kampfszenen. Unverkennbar sind die Anleihen beim Hongkong-Kino, und mit Blade bemüht sich endlich auch einmal ein Hollywood-Action-Film, ein wenig Eleganz ins Gemetzel zu bringen. Wesley Snipes fröhnt seiner Neigung zum Martial-Arts-Kino und mimt den Rächer mit immer ernstem Blick. Von besonderem Reiz sind die Kulissen des Produktionsdesigners Kirk M. Petruccelli, der sich hier nicht im handelsüblichen Fantasy-Schnickschnack verliert. In luxuriöser Schlichtheit zeigt sich die Residenz des Oberbösewichtes Frost (Steven Dorff). Antike Tempelästhetik mischt sich hier mit modernem Techno-Design und von den blassen Sandstein-Tönen hebt sich das Rot der Blutströme besonders effektvoll ab.

Martin Schwickert