Black Sea

Vertrackte Bergung

Ein U-Boot-Abenteuer ohne Kaleu und Rawumms

Robinson (Jude Law) hat den Großteil seines Lebens unter Wasser verbracht. Zuerst in der U-Boot-Flotte der britischen Navy und später bei einem privaten Bergungsunternehmen. Viel Zeit für Familie blieb da nicht. Frau und Kind haben ihn vor Jahren verlassen, und als die Firma, für die er elf Jahre lang gearbeitet hat, ihn feuert, steht der schottische Seemann mit leeren Händen da.

Am Anfang von Kevin Macdonalds Black Sea glaubt man sich in einem der Sozialdramen von Ken Loach zu befinden, der ja immer eine besondere Vorliebe für die schottische Arbeiterklasse pflegte. Aber die Erdung des Helden in der Wirtschaftskrisengesellschaft dient hier nicht als Ausgangspunkt für politische Statements, sondern als soziales Fundament für ein klassisches Kinoabenteuer, in dem das Genre des U-Boot-Filmes gründlich ausgelotet wird.

Als Robinson von einem deutschen U-Boot hört, das seit dem Zweiten Weltkrieg vor der georgischen Küste auf dem Grund des Schwarzen Meeres liegt und einen millionenschweren Goldschatz in sich birgt, sieht er seine Chance auf soziale Gerechtigkeit gekommen. Ein mafiöser Sponsor ist schnell gefunden, und eine Crew aus abgewickelten britischen wie russischen Seeleuten macht sich mit einem rostigen U-Boot auf die Suche nach dem Nazi-Gold.

Robinson hat allen Männern einen gleichen Anteil versprochen. Aber schon bald macht sich Unmut über das egalitäre Verfahren breit, das Russen genauso viel Gewinn bescheren soll wie Schotten, dem jugendlichen Handlanger so viel wie dem erfahrenen Tiefseetaucher. Es dauert nicht lange, bis es unter Wasser zu Mord und Totschlag kommt. Schließlich erhöht sich mit jedem Toten der Anteil für die Überlebenden, aber gleichzeitig ist die Mannschaft unter Wasser auch aufeinander angewiesen, um das Boot unter der russischen Flotte hindurch zu navigieren, den Schatz zu bergen und sich selbst in Sicherheit zu bringen.

Der Kampf zwischen Egoismus und Notwendigkeit zu kollektivem Handeln setzt Macdonald (The Last King of Scotland) auf engstem Raum facettenreich in Szene. Dabei findet er einen griffigen Erzählrhythmus, der Momente der Reflexion, Action und überraschende Plotwendungen klug ausbalanciert. Jude Law, der spätestens seit seinem Auftritt in Dom Hemingway das Image des zarten Schönlings abgelegt hat, gibt mit Drei-Tage-Bart und gestutztem Haar einen veritablen Seebären ab. Auch der Rest der Crew wurde mit echten Charakterköpfen besetzt, die in diesem verschwitzten, ölverschmierten Unterwasserkammerspiel ihr Bestes geben. Gutes, geradliniges Genrekino.

Martin Schwickert

USA/GB/RUS 2014 R: Kevin Macdonald B: Dennis Kelly K: Christopher Ross D: Jude Law, Scott McNairy, Ben Mendelsohn. 115 Min.