NATÜRLICH BLOND 2

Barbie in Washington

Der zweite Teil ist noch dünner als der erste

Es war einmal eine Blondine mit einem weiten Herzen und einer großen Vorliebe für Pink. Sie stöckelte durch das sonnige Kalifornien wie ein wandelnder Blondinenwitz und wurde von ihrer brünetten Umwelt vollkommen unterschätzt. Aber dann machte sie sich auf nach Harvard und zeigte dort dem arroganten Juristenpack, was eine Harke ist.
Dünn war der Plot von Natürlich Blond schon vor zwei Jahren, als Reese Witherspoon in der Rolle der furchtlos naiven Elle Woods ihren kommerziellen Durchbruch feierte. Natürlich Blond lebte weniger von der überschaubaren Story und dem kurzatmigen Drehbuch als von den liebevollen Details, mit denen der humoristische Feldzug für das Existenzrecht der Blondinen ausgestattet wurde.
Getragen wurde der Film von Reese Witherspoon. Widerspruchsfrei vereinigte sie Naivität, Cleverness und Aufrichtigkeit - eine pinkfarbene Barbieamazone gegen den Zynismus, der die Welt vor allem in Hollywood antreibt.
Witherspoon überstrahlte auch das dünne Fundament, auf dem die zutiefst harmlose Blondinenkomödie gebaut war. Jeder verantwortungsvolle Gutachter hätte von einem Anbau eindringlich abgeraten. Aber Natürlich Blond spielte fast 100 Millionen Dollar allein in den USA ein - da ist die ökonomische Eigendynamik Hollywoods stärker als alle künstlerische Vernunft.
Natürlich Blond 2 ist keine Fortsetzung, eher eine Wiederholung des Originals vor veränderten Kulissen. Statt der ehrwürdigen Harvard University krempelt die zur Anwältin gereifte Blondine nun den amerikanischen Kongress um. Als Elle feststellt, dass die Mutter ihres Schoßhundes Bruister als Versuchstier für Kosmetikprodukte missbraucht wird, mutiert sie zur entschiedenen Tierversuchsgegnerin. "Auf nach Washington!" heißt die Parole. Ebenda bereitet die republikanische Abgeordnete Victoria Rudd (Sally Field) gerade einen diesbezüglichen Gesetzentwurf vor und Elle tritt in ihr Beraterteam ein. Die abgeklärte Abgeordnetengemeinde in Washington reagiert auf Elles naive Eindringlichkeit mit der gleichen Überheblichkeit wie einst die Harvard-Kommilitonen. Aber Elle hat ihre eigenen Vorstellungen von Lobbyarbeit und verweigert sich dem Gemauschel hinter den Kulissen der Macht.
Über weite Strecken erinnert das Drehbuch an einen Einführungskurs in "Anspruch und Wirklichkeit der US-Demokratie", wozu auch Elles nächtlicher Besuch beim Lincoln-Memorial und eine flammende Abschlussrede ("Steh' auf Amerika!") vor dem Kongressausschuss gehört. Das alles serviert Regisseur Charles Herman-Wurmfeld ( Kissing Jessica ) weitgehend ironiefrei. Einzig Sally Field bringt als taktierende Abgeordnete ein wenig die Doppelmoral am Capitol Hill zum Leuchten. Natürlich Blond 2 verspielt die Möglichkeiten des Sujets, die Widerspruch zwischen Elles naiver Integrität und dem Zynismus der Macht liegen, mit belanglosen Witzchen und menschelnder Einfältigkeit. Der Zauber, den Reese Witherspoon im ersten Teil entfalten konnte, funktioniert kein zweites Mal, weil ihre Figur zu wenig herausgefordert wird. Ein Star-Gehalt von 15 Millionen Dollar konnte Witherspoon für das Routine-Sequel einstreichen. Mehr Lohn für weniger Arbeit - das gibt es wohl nur noch in Hollywood.

Martin Schwickert

Legally Blonde 2. USA 2003. R: Charles Herman-Wurmfeld B: Kate Kondell K: Elliott Davis D: Reese Witherspoon, Sally Field, Regina King, Jennifer Coolidge, Bruce Mcgill