DIE BRAUT, DIE SICH NICHT TRAUT


Routiniertes Traumpaar

Richard Gere und Julia Roberts verrichten Dienst nach Vorschrift

Mit Pretty Woman führte Regisseur Garry Marshall seinerzeit Julia Roberts an der Seite von Richard Gere in den Millionen-Dollar-Gagen-Himmel. Neun Jahre später bringt er das Traumpaar noch einmal zusammen - und beweist unfreiwillig, dass jede Star-Konstellation ihr Verfallsdatum hat. In Pretty Woman verliebte sich der Millionär in die schöne Prostituierte. Diesmal hängt Garry Marshall die Widersprüche ein wenig niedriger und verkuppelt die kleinstädtische Eisenwarenhändlerin Maggie (Julia Roberts) mit dem New Yorker Journalisten Ike (Richard Gere). Der schönen Maggie fehlt es nicht an potenziellen Ehemännern. Allerdings wird sie von einer ausgeprägten Hochzeitsphobie geplagt und ergreift beim Anblick des Traualtars regelmäßig die Flucht. Drei Bräutigame hat sie bereits verbraucht, die vierte Hochzeit ist gerade in Vorbereitung. Ike hört zum ersten Mal am Tresen von der ewig flüchtenden Braut, aus den Erinnerungen eines Betrunkenen schreibt er eine reißerische Kolumne zusammen.
Der schlecht recherchierte Artikel kostet ihn den Job, als die Betroffene mit einer Klage droht. So reist er nach Maryland, um sich mit einem Tatsachenbericht vom vierten Hochzeitsversuch journalistisch zu rehabilitieren. Der schmucke Reporter verfolgt die nur anfangs genervte Provinzbraut auf Schritt und Tritt. Zunächst ist all sein Bestreben darauf ausgerichtet, Maggie wieder davonlaufen zu sehen. Gegen Ende - welche Überraschung - steht er selbst als Bräutigam neben ihr.
In Die Braut, die sich nicht traut fehlen die hektischen Turbulenzen und kessen Dialoge, die von dem leicht durchschaubaren Filmplot ablenken könnten. Die Gegensätze zwischen Roberts und Gere werden nur halbherzig aufgebaut. Anfangs neckt man sich noch ein bisschen, dann werden die Blicke schon tief. Julia Roberts öffnet ihren gigantischen Mund zum bewährt-bezauberten Lächeln und Richard Gere blinzelt dazu routiniert. Die Gespräche werden bedeutend, Seelenverwandtschaft macht sich breit, die Dialoge klingen wie aus dem Protokoll einer schlecht angeleiteten Selbsterfahrungsgruppe. Offensichtlich hat Regisseur Garry Marshall gedacht, dass sich ein Film mit der Pretty Woman-Besetzung wie von selbst dreht. Äußerst uninspiriert wird die romantische Checkliste abgehakt. Richard Gere und Julia Roberts verrichten Dienst nach Vorschrift ohne erkennbare schauspielerische Eigeninitiative und mindestens dreimal verpasst Regisseur Marshall die Chance, dem Film mit einer angemessenen Schluss-Sequenz den Gnadenstoß zu versetzen.

Martin Schwickert