DIE BRAUTJUNGFER

Biester
Claude Chabrol seziert wieder Bürger"ngste

Du bist mein Schicksal und ich deins, sagt Senta (Laura Smet), und ihre durchdringenden Augen zeigen, dass sie in Sachen Liebe keinen Spaá versteht. Als das Hochzeitsfoto im Kasten war, blieb sie in ihrem himmelblauen Brautjungfernkleid einfach im Bild stehen, fixierte Phillipe (Benoit Magimel) mit ihrem Laserblick und pflückte den Bruder der Braut wie eine reife Tomate. Phillipe ist ein ordentlicher junger Mann. Seine Mutter vergöttert ihn. Seine jüngste rebellische Schwester verachtet ihn. Der Chef will ihn zum Teilhaber machen, weil er sich mit Kostenvoranschl"gen gut auskennt. Aber eine Frau wie Senta, der er sofort und willenlos verf"llt, l"sst sich schwer berechnen. Obwohl sie ihre Wünsche und Vorstellungen in klaren Haupts"tzen formuliert, bleibt sie für Phillipe ein geheimnisvolles Wesen. Irgendwann fordert sie als Liebesbeweis einen Mord ein, und zu sp"t erkennt Phillipe, dass es sich dabei um mehr als eine romantische Fantasie handelt.
Mit Die Brautjungfer verfilmt Claude Chabrol nach Biester erneut einen Roman von Ruth Rendell. Auch hier katapultiert eine Frau mit Vergangenheit das kleinbürgerliche Universum in eine existenzielle Krise. Chabrol blickt auf das vermeintlich geordnete Leben des verarmten Mittelstandes mit der gleichen gelassenen Ironie, mit der er auch die hitzige Aff"re zwischen dem kleinen Spieáer und dem mordlustigen Vamp in Szene setzt. Obwohl es hier um Mord und Totschlag geht, bricht Chabrol mit den klassischen Regeln der Spannungsführung und konzentriert sich auf die interaktiven Reibungspunkte zwischen den Figuren. Die beiáende Kritik am Bürgertum, die Chabrol in Biester in den Krimiplot integrierte, oder den hintergründigen Humor von Die Farbe der Lüge sucht man allerdings vergebens. Man folgt dem R"tselspiel mit leisem Vergnügen, aber die Ereignisse bleiben ohne inspirierende Nebenwirkungen.

Martin Schwickert
F 2004 R: Claude Chabrol B: Pierre Leccia, Claude Chabrol K: Eduardo Serra D: Benoit Magimel, Laura Smet, Aurore Clement