BREAKDOWN


Falle Provinz

Endlich mal wieder ein langsamer Thriller

Mit Breakdown legt der amerikanische Jungregisseur Jonathan Mostow ein großformatiges Kinodebüt vor, das für ein Erstlingswerk erstaunlich altmodisch wirkt. Wer sich heute im Action-Fach behaupten will, muß auf die Tube drücken. Die Ansprüche sind durch das digitale Effektekino steil nach oben gestiegen, allein das Tempo und eine möglichst hohe Stunt-Frequenz garantieren die Marktanteile. Mit Filmen wie Con Air und Speed 2 läuft das Genre beständig Amok und läßt dabei die Kassen klingeln. Aber jede Bewegung fordert eine Gegenbewegung heraus und Breakdown könnte hier einen Anfang machen.
Mostrow situiert seinen Film auf traditionsreichem Gelände: in der Moab-Wüste, eine der beliebtesten Hollywood-Landschaftskulissen, vor der in den letzten 40 Jahren über vierhundert Filme gedreht wurden. Hier in Marlboro-Country bleiben Jeff (Kurt Russel) und Amy (Kathleen Quinlan), ein amerikanisches Durchschnitts-Mittelklasse-Paar, mit ihrem neuen Wagen liegen. Unspektakulär kollabiert die Elekronik des Allrad-Gefährts, da hilft auch rituelles In-den-Motor-Starren nicht. Vor und hinter ihnen die langgezogene Endloskeit der Straße, rechts und links ebenso endlos Sand und Gestrüpp. Ein Pick-Up fährt hupend vorbei, bremst nach ein paar hundert Metern, wendet, wartet und fährt erst weiter, als von hinten ein blankgeputzter Lastwagen auftaucht. Das Paar ist erleichtert als der vertrauenserweckende Trucker (J.T.Walsh) mit der US-Flagge auf der Schirmmütze seine Hilfe anbietet. Jeff bleibt beim Wagen, Amy fährt mit dem Truck zum nächsten Münztelefon und ward nie wieder gesehen...
Ein Mann, dem seine Frau abhanden kommt, der bei der Suche nach ihr in kriminelle Machenschaften verstrickt wird und im Zuge der Rettungsaktion über sich hinauswächst - das klingt nicht gerade nach einem innovativen Plot. Aber auch in Breakdown kommt es nicht darauf an, was getreu den Genregesetzen erzählt wird, sondern wie dies geschieht. "Es könnte jedem von uns passieren", mit diesem Satz geht der Verleih auf Kundenfang. Auch wenn die Aussage nicht ganz korrekt erscheint, weil ja nicht alle über eine zu entführende Ehefrau verfügen, stimmt es, daß es Breakdown gelingt aus einem recht alltäglichen Ausgangssituation heraus seinen Thrill zu entwickeln. Langsam zieht Mostrow die Spannungsschraube an und versteht es dabei ebenso geschickt wie unaufdringlich mit elementaren Ängsten zu hantieren. Wenn Jeff sich in der provinziellen Einöde auf die Suche nach der Vermißten macht, trifft er auf dubiose Polizisten, wortkarge Wirte, verschwörerisch dreinblickende Kneipenkundschaft und einen Dorfdeppen. Alle scheinen unter einer Decke zu stecken und sich gegen den Fremden verschworen zu haben. Die Provinz wird zur Falle für den braven Städter in Polo-Shirt und Bundfaltenhose.
Breakdown ist ein filigran gearbeitetes Genrewerk. Mostrow besinnt sich darauf, daß auch ein Action-Film einen Spannungbogen mit Höhen und Tiefen verträgt, daß Suspense mehr wert ist als aktionistisches Dauerfeuerwerk. Stunts und pyrotechnische Effekte werden sparsam dosiert und sorgfältig plaziert. Die Musik wirkt, wenn man sie z.B. mit dem monströsen Con Air-Soundtrack vergleicht, geradezu minimalistisch. Der atmosphärische dichte Beschreibung der kahlen, ausgedorrten Landschaft widmet sich die Kamera mit ebenso großem Interesse, wie den schnell geschnittenen Action-Szenen. Selbst im kugelhagelden Show-Down, in dem ordentlich geschrotet und geschrottet wird, wird es erst so richtig spannend, wenn der Krach zuende ist, wenn nur noch das Knarren des verbogenen Metallträgers zu hören ist, an dem ein Truck über dem Abgrund hängt, der wiederm Schauplatz für die letzten Schläge von Gut gegen Böse ist. Lärm und Eleganz verbindet Mostrow in Breakdown zu einem durchgehend spannenden Genrestück.

Martin Schwickert