CABIN FEVER

Horror mit Haut
Eli Roths Debut spielt mit der SARS-Angst

Gute Filmmonster bündeln die diffusen Ängste unserer Zivilisation, aber die besten Horrorfilme kommen ohne diese Konkretisierung aus, verzichten auf die Personifizierung des Bösen und infizieren das Publikum mit dem unsichtbaren Virus der Furcht. The Blair Witch Project hat dieses bewährte Prinzip nach einer Welle von messerwetzenden Gespenstern und Fischerhakenkillern vor einigen Jahren wieder in Erinnerung gerufen.
Unübersehbar knüpft Eli Roths Cabin Fever an dieses Erfolgsrezept an und schickt fünf College-Studenten allein auf Horrorurlaub in eine Waldhütte. Man kennt das: die betonte Sorglosigkeit der Stadtkinder, die vernarbten Gesichter der Hinterwäldler und deren dahin genuschelte Warnungen, die von den zukünftigen Opfern auf die leichte Schulter genommen werden. Eines Nachts steht ein unschön mit blutigen Pusteln übersäter Mann vor der Tür und fleht um ärztliche Hilfe. Die Hüttenbesatzung gerät in Panik und erlegt im nachfolgenden Handgefecht den blutspeienden Patienten. Schon am nächsten Tag pustelt es unter den College-Kids ...
Cabin Fever arbeitet den Ekel, den offene Hautkrankheiten auslösen, sorgfältig und äußerst anschaulich heraus. Darüber hinaus entwirft Roth in seinem Regiedebüt eine recht präzise Verhaltensstudie über den Sozialdarwinismus, der durch die tödliche Infektionskrankheit in Gang gesetzt wird. Assoziationen zur SARS-Hysterie im vergangenen Jahr drängen sich hier deutlich auf. Roth, der bei David Lynch in die Lehre gegangen ist, spielt routiniert auf der Horror-Klaviatur. Durch das offensive Spiel mit dem Wundekel verliert die Story an Subtilität, überzeugend hingegen ist die kompromisslose Schlusswendung dieses unabhängig produzierten Genrestücks, das seine Idee ohne finale Erlösungsangebote umsetzt.

Martin Schwickert
USA 2002 R: Eli Roth B: Randy Pearlstein, Eli Roth K: Scott Kevan D: Rider Strong, Jordan Ladd, Joey Kern, Cerina Vincent