CANDY

Requiem for a Dream

Ein australisches Drogendrama von verstörender Kraft

Ich will es auf deine Art tun", sagt Candy zu Dan, und in ihren Augen funkelt eine Dringlichkeit, die alle halbherzigen Proteste ihres Freundes verstummen lässt. Bisher hat Candy den Stoff nur geraucht. Jetzt will sie, dass Dan ihr das Heroin direkt in die Venen spritzt.
Der erste Schuss wird fast ihr letzter. Nur knapp gelingt es Dan, seine Freundin wieder zurück ins Leben zu holen. Ihre ersten Worte, die den blassen Lippen entweichen sind: Ich will mehr.
Wir befinden uns im Himmel - dem ersten von drei Kapiteln in Neil Armfields Drogendrama Candy.
Es folgen noch mit sujetbedingter Unausweichlichkeit Erde und Hölle. Aber im Himmel liegt die eigentliche Qualität des australischen Films, weil hier die ungeheure Verführungskraft der Droge Heroin greifbar wird.
Die angehende Malerin Candy (Abbie Cornish) und der Gelegenheitsdichter Dan (Heath Ledger) sind ein Bilderbuchpaar, so wie sie da zusammen auf dem Karussell sitzen und sich der Fliehkraft ergeben.
Ihre Liebe scheint für sie unendlich und das Heroin macht das Gefühl, die Lust, die Euphorie füreinander nur noch größer. Spontan heiraten sie, die Hochzeit im spießigen Familienkreis wird mit einem Schuss auf der Toilette ein wenig aufgelockert. Hier sieht man zum ersten Mal die andere Welt jenseits des Beziehungsparadieses, die das Glück der beiden misstrauisch beäugt.
Natürlich hat der Vater Recht, der in Dan eine Gefahr für seine Tochter sieht. Die kommende Spirale der Beschaffungskriminalität ist unausweichlich. Schon bald findet sich das Paar auf schmutzigen Toiletten und in feuchten Absteigen wieder. Beim Pfandleiher prostituiert sich Candy das erste Mal, während Dan mit Kreditkarten-Diebstahl seinen Beitrag zum Überlebensunterhalt leistet.
Candy hält den Fokus nicht auf den sozialen Abstieg, sondern auf die Auswirkungen, die die Droge auf jene unumstößliche Liebe hat. Trotz aller Abgründe, in die sich das Junkie-Paar begibt, schweißt die Droge die beiden immer fester zusammen.
Als Candy schwanger wird, schließen sich beide zum gemeinsamen Drogenentzug in ein Zimmer ein. Der Versuch aus dem Teufelskreis auszubrechen, scheitert ebenso wie das Experiment, fernab von den Versuchungen der Großstadt auf dem Lande eine neue Existenz aufzubauen. Eindringlich und in Bildern von oftmals hypnotischer Schönheit schildert Candy die Unaufhaltsamkeit, mit der die zerstörerische Kraft des Heroins sich entfaltet.

Martin Schwickert

Australien 2005 R: Neil Armfield B: Neil Armfield, Luke Davies D: Heath Ledger, Abbie Cornish, Geoffrey Rush