CARS

Alte Werte

Dem neuen Pixar-Film sieht man an, dass jetzt Disney dahinter steckt

Nach zwei Toy Story-Folgen ließ sich Trickfilmregisseur und Pixar-Mitbegründer John Lasseter erneut vom Inventar des Kinderzimmers inspirieren. Diesmal hat er seine Matchbox-Auto-Kiste herausgekramt und die alten Vehikel für einen 3D-Animationsfilm Cars eingescannt. Während die kleinen Jungs sich mit imitierten Motorengeräuschen zufrieden geben, hat Lasseter seinen Autos das Sprechen beigebracht. Auf den geweißten Windschutzscheiben kullern die computergenerierten Augen, und aus Motorhaubenmündern plappern die Blechkisten munter drauf los. Kein menschliches Wesen weit und breit stört die künstliche Humanisierung der Automobile.
Die Hauptrolle spielt der knallrote Rennwagen Lightning McQueen (Stimme: Daniel Brühl), aufsteigender Star der Racing-Szene, der sich in ein abgetakeltes Wüstendorf verirrt und dort wegen Geschwindigkeitsübertretung zu gemeinnütziger Arbeit verdonnert wird. Früher hatte Radiator Springs an der legendären Route 66 ein blühendes Geschäftsleben. Dann geriet der Ort durch den Autobahnbau ins Verkehrsabseits. Seitdem vegetieren die Einwohner, der Abschleppwagen Hook, der gealterte Rennwagen Doc Hudson, der italienische Reifenhändler (ein Fiat 500) und ein VW-Bus-Hippie ambitionslos vor sich hin. Durch den Kontakt mit der liebenswürdigen Landbevölkerung lernt der eitle rote Flitzer, der bisher nur an seine Rennkarriere dachte, die echten "menschlichen" Werte kennen und darf sich sogar in eine schmucke Porsche-Braut verlieben.
Hemmungslos sind die nostalgischen Verklärungen der guten alten Zeit (das sind in den USA immer die 50er Jahre), in der die Autos noch richtige Kotflügel und die Menschen ein Herz hatten. Die rostigen, schrägen Dorfbewohner und die Kraft der Liebe verwandeln in einem sehr aufdringlich geratenen Erziehungsprozess den karrieregeilen Rennwagen in ein mitfühlendes Mitglied der Automobilgesellschaft. Deutlich merkt man an der wertkonservativen Ausrichtung den Einfluss der Disney-Studios, die Anfang des Jahres nach mehrjähriger Kooperation die Pixar-Studios für 7 Milliarden Dollar gekauft haben.

Martin Schwickerrt

USA 2006 R: John Lasseter Mit den Stimmen von: Daniel Brühl, Bettina Zimmermann, Reinhard Brock