CASANOVA

Braver Reigen
Die eigentliche Schauwert in Lasse Hellströms Kostüm-Schinken ist Lena Olin

Um einen notorischen Herzensbrecher wie Casanova in den sicheren Hafen der Ehe zu schleppen - dafür braucht es schon einen harmoniesüchtigen Regisseur wie Lasse Hallström. Der gebürtige Schwede ist auf anspruchsvolle Wohlfühlfilme abonniert und bedient sich dabei gerne auf dem Wühltisch der zeitgenössischen Belletristik. Mit Casanova eignet sich Hallström zum ersten Mal einen Klassiker-Stoff an und stürzt sich in einen Ausstattungsfilm, der das Venedig des 1752 wieder auferstehen lässt.
Hier bricht Casanova (Heath Ledger) die Herzen der stolzesten Frauen und ist sogar im Nonnenkloster ein gern gesehener Novizenverführer. Der Doge von Venedig (Tim McInnerny) deckt zwar die Eskapaden seines Freundes, gerät jedoch von Seiten der kirchlichen Inquisitoren unter Druck: Casanova soll wenigsten zum Schein heiraten. Eine willige Jungfer (Natalie Dormer) ist schnell bei der Hand. Nur dass ihr blutjunger Verehrer Giovanni (Charlie Cox) um das Herz seiner Angebeteten zu kämpfen beginnt und sich Casanova in die Schwester des Konkurrenten verliebt.
Francesca (Sienna Miller) ist als kampflustige Feministin ihrer Zeit weit voraus und verkleidet sich gelegentlich als Mann, um ihre Interessen durchzusetzen. Natürlich hasst sie Casanova und natürlich wird der sein Herz bei der Zähmung der Widerspenstigen verlieren.
Hallströms Casanova hat in etwa soviel mit der klassischen Vorlage zu tun wie Shakespeare in Love mit der Biografie des englischen Dichters. In einzelnen Motiven, wie etwa dem Cross-Dressing der Angebeteten zur Aufwirbelung der Geschlechterverhältnisse, lehnt sich Hallström sehr direkt an John Maddens romantische Kostümkomödie an.
Heath Ledger, der anfangs etwas zu kantig für einen Frauenheld daher kommt, entfaltet auf den zweiten Blick dann doch noch genügend Charme. In der Rolle der zukünftigen Schwiegermutter ist endlich einmal wieder Lena Olin zu sehen, die wahrscheinlich noch mit 80 mehr Sexappeal auf der Leinwand verstreuen wird als all die Laufstegmiezen, die zur Zeit in Hollywood als Schauspielerinnen anheuern. Zügig inszeniert, mit moderaten Turbulenzen oft die Grenze zum Burlesken streifend, gleitet Casanova recht unterhaltsam dahin, ohne irgendwelche nachhaltige Wirkungen im filmischen Gedächtnis des Zuschauers zu erzielen.

Martin Schwickert
USA 2005 R: Lasse Hallstrom B: Kimberly Simi, Jeffrey Hatcher, Michael Cristofer K: Oliver Stapleton D: Heath Ledger, Sienna Miller, Jeremy Irons, Lena Olin