Chasing The Wind

Coming Home

»Paris um jeden Preis« in der nordischen Variante

Norwegen ist über weite Strecken ein ziemlich leeres Land. Felsen, mal ein Wald, dann wieder Felsen, dann wieder ganz viel Berge mit Felsen; und natürlich mit Wald. In solchen Gegenden haben es die Menschen meistens nicht eilige, Dialoge dauern da schon mal etwas länger, auch wenn sie kürzer ausfallen als etwa in Sizilien oder Kroatien.

In diese leere Landschaft reist Anna zurück, die längst in der Stadt wohnt ("Großstadt" kann man in Norwegen nicht sagen, sie haben nur eine, Oslo, und die ist keine Großstadt). Aber Annas Großmutter ist gestorben, und weil Anna nach dem Tod ihrer Eltern von den Großeltern aufgezogen wurde, steht sie jetzt ihrem knurrigen, selbst für norwegische Verhältnisse wortkargen Großvater gegenüber. Der redet auch im Dorf mit niemandem mehr, und es dauert eine Weile, bis Anna die tragische Geschichte enttarnt hat, die sich hinter der Ehe ihrer Großeltern verbirgt. Chasing The Wind ist, man mag es nicht glauben, eine Komödie. Das kauzig-knorrige Gehabe der Dörfler ist ebenso komisch inszeniert wie Annas Versuch, ihr Liebesleben wieder in Ordnung zu bringen. Denn natürlich gibt es eine alte Jugendliebe, der sie im Dorf wieder begegnet, und einen neuen, leicht schnöseligen Verlobten und die Frage, wo man eigentlich hingehört.

Mit ziemlich überwältigenden Landschaftsbildern und spektakulären Kamerafahrten überspielt der Film ein paar Inszenierungsschwächen. Die Geschichte von Anna und warum sie so wurde, wie sie ist, entwickelt sich langsam und kommt erst nach einer Stunde richtig in Fahrt.

Dafür nimmt sich Regiesseur und Autor Rune Denstad Langlo viel Zeit, einen sehr langen Witz im Film zu erzählen, der davon handelt, warum man einen breiten Sarg braucht und ihn am besten selbst baut. Dieser Witz beginnt, ohne dass wir es bemerken, bereits im ersten Bild, und wir verstehen ihn erst ganz am Ende.

Thomas Friedrich

Jag etter vind. Nor. 2013 R & B: Rune Denstad Langlo K: Philip Øgaard D: Marie Blokhus, Anders Baasmoi Christiansen, Tobias Santelmann. 91 Min.