DIE TÖCHTER DES CHINESISCHEN GÄRTNERS

Verbotene Liebe

Mit Kitsch und heftigem Musikeinsatz erzählt Dai Sijie von einer lesbische Beziehung

Der chinesische Exilfilmemacher Dai Sijie zieht sich gerne in die Naturidylle zurück, um seine Geschichten scheinbar ungestört von den gesellschaftlichen Verhältnissen zur Entfaltung zu bringen. In Balzac und die chinesische Schneiderin erzählte er von einem Zahnarztsohn, der zur Umerziehung in ein entlegenes Bergdorf verschickt wurde, weil der Vater im Zuge der Kulturrevolution in Ungnade gefallen war. Dais neuer Film Die Töchter des chinesischen Gärtners ist im China der späten 80er-Jahre angesiedelt, aber der Großteil des Filmes spielt an einem Ort, an dem die Zeit still zu stehen scheint.
Als Praktikantin kommt die junge Li (Mylène Jampanoi) auf die Insel des Botanikprofessors Chen (Dongfu Lin), der dort, abgeschieden von der nahen Großstadt, gemeinsam mit seiner Tochter An (Li Xiaoran) in einer prachtvollen, exotischen Pflanzenwelt lebt. Die paradiesischen Zustände werden durch die Ausfälle des cholerischen Witwers deutlich getrübt. Zwischen den beiden jungen Frauen entwickelt sich jedoch eine leidenschaftliche Liebesbeziehung, die Dai vor feuchtwarmer Flora als stilechten Sündenfall in Szene setzt. Aber im China der 80er-Jahre ist Homosexualität noch ein Kapitaldelikt, und so hecken die beiden Liebenden ein Plan aus, der ihnen ermöglichen soll, unentdeckt ihre Zuneigung ausleben zu können.
Ein Zeitungsartikel, der von der Hinrichtung von zwei lesbischen Frauen in China berichtete, war der Ausgangspunkt für die Entwicklung der Geschichte. Natürlich wartet Dai wieder mit exquisiten Bildern aus dem botanischen Paradies auf, aber das Garten Eden-Motiv, vor dem die Frauenliebe begleitet von triefenden Orchesterklängen erblüht, wird deutlich überstrapaziert. Dass die männlichen Charaktere mit dem cholerischen Vater und dem dumpfbackigen Bräutigam äußerst stereotyp besetzt sind, mag repräsentativ für die patriarchalen Verhältnisse in China sein, führt aber zu einer unnötigen Simplifizierung der Konflikte. Mehr als ein kunsthandwerklich aufgerüsteter lesbischer Groschenroman kommt unter dem Strich nicht heraus.

Martin Schwickert

Les Filles du botaniste F/Can. 2006 R: Dai Sijie B: Dai Sijie, Nadine Perront K: Guy Dufaux D: Mylène Jampanoï, Li Xiaoran, Dongfu Lin