Comedian Harmonists


Dumm wie Brot

Vilsmaiers Comedian Harmonists sind wieder da

Die Deutschen machen Filme wie sie Fußball spielen: Es sieht nicht gut aus, ist aber erfolgreich. Die fünf "Filmbänder in Gold", die Vilsmaiers "Comedian Harmonists" Anfang Juni erhielt, gehen daher in Ordnung, zumal sie weder für die Regie noch das Drehbuch, geschweige denn für die musikalische Leistung vergeben wurden, sondern unter anderem für den besten Schnitt und die besten Bauten; die hat Rolf Zehetbauer gemacht, und der kann nach 30 Jahren einfach nichts mehr falsch machen.
Der Rest dieses in Deutschland (nach "Titanic") zur Zeit erfolgreichsten Films sieht aus wie ein 30er Jahre Ufa-Film: sentimental, verlogen, rührend - und dumm wie Brot. Als Biberti und Frommermann sich auf dem New Yorker Balkon streiten, ob das zur Hälfte jüdische Ensemble denn nun nach Deutschland zurückkehren solle oder besser in den Staaten bliebe, da müssen Ben Becker und Ulrich Noethen einen derartig dämliches Drehbuch herunterquasseln, daß Vilsmaier nichts anderes eingefallen ist, als die Kamera möglichst weit weg von der Szene zu plazieren und am Ende Noethens Tränen im Closeup zu bringen; wie gesagt: verlogen, rührend, sentimental und dumm.
Überhaupt scheint der ganze Ärger mit den Nazis daher zu rühren, daß sich die Kerls um die Mädels kloppen. Wenn Meret Becker mit ihrem strammen SA-Mann in die Kiste gestiegen wäre und eben nicht mit dem Juden Frommermann, dann wäre auch das Geschäft des sympathischen Musikalienhändlers nicht aus Eifersucht verwüstet worden, Bob Biberti wäre in keine Schlägerei verwickelt worden, die "Comedian Harmonists" hätten kein Auftrittsverbot erhalten, und wer weiß, am Ende hätte sich Julius Streicher noch beschneiden lassen.
Deutsche Filme über Nazis sind seit der Wiedervereinigung kontinuierlich dümmer geworden. Schlöndorffs "Unhold", ungleich intelligenter als Vilsmaiers kleiner Kaktus, war in seiner Begeisterung für schwitzende Jungmännerkörper in Naziuniformen mehr als nur peinlich. Auch Vilsmairs Film erfreut sich in ekliger Wiederholungssucht am kräftigen Rot der Naziflaggen, die natürlich gar nichts bedeuten. Selten war im Kino in so vielen Bildern so wenig zu sehen.
Neben der Frage, warum ein Film über Gesang permanent asynchron daherkommen muß, bleibt nur noch die: warum haben sich bis jetzt über 2,5 Millionen Kinobesucher das angeguckt?
Es ist beruhigender, diese Frage im Moment nicht zu beantworten.

Thomas Friedrich

Die erste Kritik