L.A. CONFIDENTAL


Prügel-Cops

James Ellroys Stadt der Teufel als Film

Dank solider Eigen-Propaganda hält sich das L.A. Police-Department für das beste der Welt. Daß es in Wahrheit das vermutlich korrupteste ist, hat James Ellroy in den 80ern in seiner "L.A.-Trilogie" beschrieben: Die schwarze Dahlie, Stadt der Teufel und White Jazz ist voll von überaus üblen Cops. Genug Stoff für einen Film, der die Genre-Regeln brechen will.
Stadt der Teufel, die Vorlage zu L.A. Confidantial, spielt im Los Angeles der 50er Jahre, und das düstere Schwarz/Weiß wird durch pastellfarbenes Nierentisch-Ambiente ersetzt. Im L.A. Police Department geht alles seinen gewohnten Gang. Da wo es nötig erscheint, wird das Recht ein wenig gebeugt, und zu Weihnachten verprügelt die besoffene Feiertagsschicht eine Gruppe von mexikanischen Einwanderern. Pech, daß ein Fotograf dabei ist und die Christmas-Party aufs Titelblatt kommt. Ein Kollege wird suspendiert, ein anderer befördert. Wenige Tage später wird letzterer zum Tatort eines Kneipenmassakers gerufen und findet ersteren dort ziemlich tot auf. Der Polizistenmord ist der Ausgangspunkt für einen gut gestrickten Internal-Affair-Thriller, der seine Protagonisten knietief in den Sumpf der Korruption waten läßt. Statt des obligatorischen Superbullen schickt Regisseur Curtis Hanson drei unterschiedliche Cop-Modelle als angeschlagene Helden ins Rennen:
Da wäre zunächst Bud White (Russel Crowe), ein bulliger Typ, der auch schon einmal, um der Wahrheit auf die Spur zu kommen, einen Verdächtigen zusammenschlägt. Bud kennt das Millieu, und gegenüber Frauen hat er einen stark ausgeprägten, etwas unpraktischen Beschützerinstinkt, der ihn immer wieder in Schlägereien verwickelt. Weil er sich weigerte, seine Kollegen zu denunzieren, soll auch er suspendiert werden. Sein Vorgesetzter Smith gibt ihm jedoch die Marke zurück, unter der Bedingung, daß er für ihn illegale Spezialaufträge erfüllt. Nach Feierabend prügelt Bud nun Geständnisse aus vermeintlichen Mafiosis heraus.
Ed Exley hingegen (Guy Pearce) hält sich haargenau an die Vorschriften. Der Brillenträger und Jahrgangsbeste will genau wie Papi ein guter, unbestechlicher Polizist werden. Keinen Moment zögert der ehrgeizige, idealistische Revierfrischling, gegen die Kollegen auszusagen und sichert sich damit die Beförderung und den Haß der Belegschaft.
Jack Vincennes (Kevin Spacey) ist der Sunshine-Boy im Revier und außerdem als technischer Berater für TV-Polizeiserien im Filmbusiness tätig. Mit dem Lokalreporter Sid Hudgeons (Danny De Vito) betreibt er ein gewinnbringendes Nebengewerbe. Ihre Spezialität ist die publikumswirksame Verhaftung von Hollywood-Prominenz in prekären Situationen. Vincennes sonnt sich im inszenierten Blitzlichtgewitter, streicht die Fangquoten ein und paßt vor allem darauf auf, daß während des Einsatzes das Jacket nicht zerknittert.
Mit den Verzicht auf den einen zentralen Helden als Identifikationsfigur bricht L.A.Confidental die starre Hollywoodgramatik auf, und dieses Konzept bietet die Möglichkeit von ungewöhnlichen und amüsanten Charakterallianzen. Statt Kumpelei herrscht Konkurrenz unter den Ermittlern, und die belebt ja bekanntlich das Geschäft. Genußvoll spielt der Film seine drei Halbhelden gegeneinander aus und bringt die klassischen Cop-Typologien ins Wanken. Auch für Genre-Spezialisten hält das sauber gearbeitete Drehbuch noch einige Plotschwenker in der Hinterhand. Ganz nebenbei wird noch ein wenig über Sein und Schein in Hollywood philosophiert, über die Nähe von Glamour und Gosse - aber solcherlei selbstreflexive Spielereien gehören ja mittlerweile zum guten Ton eines jeden L.A.-Films.

Martin Schwickert