THE CORE

Bohrende Bewegung

Ein drolliges Armageddon im Mittelpunkt der Erde

Schnell vorweg: Der Film ist laaang. Die Tricks sind lausig. Die Glaubwürdigkeit ist unter Null. Und das dramaturgische Schema ist so alt wie die Erde. Oder doch mindestens aus dem vorletzten Jahrhundert. Trotzdem funktioniert die abenteuerliche Reise ins Herz des Planeten wie das Brötchenbacken: kaum Nährwert, aber man frisst es gern.
Am Anfang sogar mit einem amüsierten Zucken um den Mund. Ein paar Dutzend Erdenbürger fallen plötzlich tot um. Nur ein freakiger College-Professor kommt auf das verbindende Element. Weil er sich mit elektromagnetischen Feldern auskennt und weil das Militär ihn streng geheim um Rat fragt, folgert er clever: alle hatten einen Herzschrittmacher. Und irgendwas ist am Erdmagnetfeld kaputt. Denn eine so mächtige Waffe gibt es doch gar nicht. Oder?
Dann fallen desorientierte Tauben tot vom Himmel, Hitchcock dreht sich im Grabe um, und des Pudels Kern ist: der metallische Erdkern dreht sich nicht mehr. Ohne Bewegung aber kein Magnetfeld, ohne Magnetfeld haut die kosmische Strahlung uns alle in Klump, und wenn wir nicht in ein paar Wochen tief unter dem Boden unter unseren Füssen wieder Schwung in die Sache bringen, sehen wir bald alle aus wie ein Pfirsich in der Mikrowelle.
Ein typisch zusammengewürfeltes Häuflein Prockler macht sich auf ins Innere, mit einem zufällig insgeheim entwickelten Super-Laser-Bohrer, in einem Hau-Ruck-erfundenen Terranauten-Schiff, das wie ein bemannter Riesen-Vibrator, mit einer Frau am Steuer, sich zum Ort der Entscheidung vorgräbt - und mit allerlei Katastrophen-Film-Klischee-Konflikten unter der Mannschaft. Nichts läuft nach Plan, alles läuft nach dem Drehbuch-Seminar. Der Komiss-Kopp sagt etwas weises und stirbt, die ehrgeizige Pilotin lernt, auch harte Entscheidungen mannhaft zu verantworten, das Ekel wird zufällig geläutert und rettet in einem Helden-Moment die Welt und seine Feinde, der Schwarze opfert sich, der Freak opfert alle - und darf dann doch Oscar-Preisträgerin Hilary Swank küssen, nachdem er an einer Atombombe mit blossen Händen die Sensor-Phalanx umkonfigurierte ...
Diese Reise zum Mittelpunkt der Erde ist eine künstlich naive Laubsägearbeit aus dem post-apokalyptischen Dramaturgie-Baukasten. Die einzigen Personen mit einer Vorgeschichte kriegen einander, den bösen Militärs, die im Grunde schuld an dem Schlamassel sind, den sie nun eindämmen wollen, versaut ein Internet-Wizzard als Underground-CNN die Geheimhaltung, und zum Show-Down, bzw. -Up, singen sogar die Wale im Meer das Loblied der überlebenden Kernigen.
Rundrum erstaunlich: Jon Amiel, der Mann hinter dem vergessenen hervorragenden The Singing Detective und dem wunderbaren Zeta Jones / Connery-Vehikel Verlockende Falle hat diesen B+-Film gemacht, der ohne ihn bestimmt ein Z-Movie geworden wäre; und mit immerhin deutlich billiger, und etwas intelligenter, als etwa Armageddon geworden ist.

WING

USA 2003, 135 Min., R: Jon Amiel, B: Cooper Layne, John Rogers, K: John W. Lindley, D: Aarom Eckhart, Hilary Swank, Stanley Tucci, Delroy Lindo, Tscheky Karyo; Alfre Woodard