CORONADO


Sehnsucht nach Hollywood

Ein Revoluzzer-Abenteuer von dröhnender Ideenlosigkeit

In den Achtzigern, als der Kalte Krieg noch in südamerikanischen Marionettenstaaten ausgetragen wurde, gab es solche Filme haufenweise. Roger Spottiswoods Under Fire setzte damals die Maßstäbe für das politische Abenteuerkino, und viele andere, weniger begabte Nachahmungstäter folgten. Die Zutaten waren immer die gleichen: ein blutrünstiger Diktator, eine revolutionsdurstige Guerilla, ein abgebrühter Journalist samt attraktiver Mitkämpferin und ein paar Quadratkilometer Dschungel. Claudio Fähs Kinodebüt Coronado versammelt sie alle noch einmal, die angestaubten Figuren aus dem Genrekabinett.
Als Vorbild, so gibt der Regisseur zu Protokoll, dienten jedoch weniger die politischen Verhältnisse Lateinamerikas, sondern die Comics von Tim und Struppi. Dementsprechend schlicht ist auch die Handlung strukturiert: Auf der Suche nach ihrem entschwundenen Verlobten landet Claire (Kristin Dattilo) in einem zentralamerikanischen Diktatorenstaat, in dem die Rebellen bereits ein Viertel des Landes kontrollieren. Am Flughafen stolpert die zickige US-Bürgerin direkt in die Arme eines lässigen Kriegsberichterstatters (Clayton Rohner), der sie mitnimmt ins Rebellengebiet. Im lauschigen Revolutionslager, das romantisch hinter Wasserfällen in einem aztekischen Sonnentempel gelegen ist, erfährt Claire, dass ihr Verlobter Will (Michael Lowry) die Rebellen im Auftrag der US-Regierung mit Waffen beliefert. Die Revolutionstouristin erwärmt sich ihrerseits für die gerechte Sache der Guerilleros und noch mehr für das Herz des tapferen Journalisten.
Coronado ist ein Abenteuerfilm aus der Retorte. Die Drehbuchautoren Volker Engel und Marc Weigert kommen aus der Effektebranche und haben unter anderem in Roland Emmerichs Independence Day ihr Handwerk als virtuelle Zerstörungskünstler gelernt. Nahtlos fügen sich die digitalisierten Action-Sequenzen ins Geschehen ein. Hineingepixelte Hubschrauber, Kampfflugzeuge und herabstürzende Brücken lassen die deutsch-amerikanische Low-Budget-Produktion zumindest oberflächlich wie ein verschwenderisches Actionspektakel aussehen. Dahinter versteckt sich jedoch nur unvollständig die dröhnende Ideenlosigkeit der Filmemacher. Die Dialoge sind so miserabel, die Handlung so vorhersehbar und die Schauspieler so offenkundig aus der dritten Reihe rekrutiert, dass man sich nach den minimalen Qualitätsstandards Hollywoods zurück sehnt.
Die Machtergreifung der Effektspezialisten im modernen Kino ist weit vorangeschritten. Dass man ihnen nicht auch noch das Drehbuchschreiben überlassen darf - wenigstens dafür ist Coronado ein gutes Beispiel.

Martin Schwickert
D/USA 2003 R: Claudio Fäh B: Claudio Fäh, Volker Engel, Marc Weigert K: Jaime Reynoso, Steve Douglas Smith D: Kristin Dattilo, Clayton Rohner, John Rhys-Davies