DARF ICH BITTEN?


Lahme Enten

Richard Gere schiebt Jennifer Lopez übers Parkett

Wer Sophia Coppolas Lost in Translation gesehen hat, der weiß um die Inkompabilität von amerikanischer und fernöstlicher Kultur. Da redet der japanische Regisseur auf den US-Schauspieler ein, und die Dolmetscherin übersetzt die endlosen Ausführungen in einen kompakten englischen Drei-Wort-Satz.
Auf ähnliche Weise ist bei Peter Chelsoms Hollywood-Remake des japanischen Erfolgfilmes Shall We Dance einiges verloren gegangen. Dabei hat Drehbuchautor Audrey Wells die gröbsten Fehler vermieden, als er die Story des braven Büroangestellten, der heimlich Tanzunterricht nimmt und sich im Walzertakt aus der Midlife-Crisis befreit, von Tokio nach Chicago verlagerte. Richard Gere spielt den - trotz glücklicher Familienlage - vom Leben gelangweilten Notar und Jennifer Lopez die unnahbare Königin des Tanzparketts. Bei so viel verbürgtem Sexappeal auf der Leinwand sollte eigentlich nichts mehr schief gehen.
Das Original von Masayuki Suo entfaltete seine sanfte, emotionale Kraft vor allem durch den Ausbruch des Helden aus dem strengen, japanischen Sitten- und Verhaltenskodex. In den westlichen Ländern hingegen gilt der klassische Paartanz nicht als Tabubruch, sondern als verstaubtes Markenzeichen des Establishments. Allein schon deshalb will die Transplantation des Stoffes nicht so recht funktionieren. Ohnehin nimmt man Richard Gere - auch 26 Jahre nach American Gigolo - die Rolle des verklemmten Bürohengstes einfach nicht ab, selbst wenn sein Blinzelaugen-Charme das weibliche Publikum generationsübergreifend bezirzen wird. Jennifer Lopez wiederum versucht mit statuenhafter Leidensmiene vergeblich die bitteren Lebenserfahrungen ihrer Figur (Sturz beim Tanzwettbewerb, Verlust des Lebenspartners) auf die Leinwand zu bringen. Nur zweimal ist ihr ein Ausbruch aus der Aschenputtelpose vergönnt, und prompt landet sie mit ihren Ausführungen über die Leidenschaft der Rumba im nächsten Klischee - dem der heißblütigen Latino-Braut.
Wenn schon die Seele der Geschichte im kommerziellen Starkalkül abhanden geht, so hofft man, dass wenigstens die Tanzchoreographie für den Sinnverlust entschädigt. Aber die Ballroom-Sequenzen von Lopez und Gere sind so kleinteilig zerschnitten, dass sie ihre tänzerische Glaubwürdigkeit verlieren. Die Kraft von Musik und Tanz, die der Film so wortreiche beschwört - auf der Leinwand ist davon nichts zu spüren.

Martin Schwickert
Shall We Dance? USA 2004 R: Peter Chelsom B: Audrey Wells,K: John De Borman D: Richard Gere, Jennifer Lopez, Susan Sarandon, Stanley Tucci